Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

DOI Artikel:
Poellnitz, ... von: Betrachtungen über den "modernen" Stil
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0113

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Betrachtungen über den „modernen" Stil.

301

der imstande ist, sich der Höhe unserer
Technik und den hoch geschraubten An-
forderungen unserer Zeit an Komfort an-
zupassen, und der im Einklang steht mit
unseren Sitten, unserem Leben, unseren
Trachten und unserem Geschmack. Ein
solcher Stil nun ist im Entstehen und beginnt
bei uns in Deutschland Euss zu
fassen. In der Architektur sind
allerdings nur ganz vereinzelte
Anläufe dazu gemacht worden,
besonders bei englischen und
amerikanischen Villen, bei eisernen
Bauten, und als ein höchst eigen-
artiger Versuch sind die beiden
Hauptbauten am Neuen See in
der Berliner Gewerbe-Ausstellung
zu betrachten. Dagegen hat sich
die neue Richtung über das
gesammte Kunstgewerbe ausge-
dehnt, und es sind schon viele
reizoüe Arbeiten unter ihrem Ein-
fluss entstanden, doch ist es noch
schwer, aus ihren Aeusserungen
auf den verschiedensten Gebieten
ihr innerstes Wesen zu erkennen.
Der moderne Stil scheint mehr
als die meisten der Vergangen-
heit damit zu rechnen, dass der
Gesammteindruck einer kunst-
gewerblichen Arbeit viel mehr von
ihrer Farbenzusammcnstellung als
ihren Eormen abhängt, und legt
desshalb überall ganz entschieden
den Hauptnachdruck auf eine
vollendete Farbenabtönung'. Ob
/.. B. ein Zimmer gemüthlich und
lauschig oder steif und elegant
wirkt, wird weniger von der 1 lohe
und Grösse des Zimmers und der
Eenster als von den Farben be-
stimmt. Form und Farbe sind
von einander aber nicht unab-
hängig: zu vollen Farben gehören
volle Formen, zu gebrochenen,
matten und gedämpften Farben
leichte und magere Formen. Der
moderne Geschmack nun bevor-
zugt entschieden die erste Gruppe.
Es ist sehr interessant zu be-

obachten, wie sich auch in der Wahl der
Farben eine ganz bestimmte Richtung be-
merkbar macht. Es lässt sich durch die
ganze Weltgeschichte eine allmähliche Ver-
änderung des Farbensinnes beobachten, so-
dass der Sinn für manche früher beliebten
Farben verschwindet, und für andere wiederum


HANS CHKISTIAN.NKN.

Kunst- Verglasung. Entw
Ausführung: ADOLF SCHELL—OFFENBURG I. B.
 
Annotationen