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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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ßücherschau.

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Tage inzwischen sich auch durchaus nicht
wiederholt haben. Diese Stimmung hat
einen Charlet, einen Raffet zuwege gebracht;
diese Stimmung rechtfertigt auch, dass einem
Künstler, wie Detaille, ein so grosses opulent
ausgestattetes Werk gewidmet wird, auf das
bei uns ein Künstler gleichen Schlages und
Kunstvermögens kaum je wird hoffen können.
Freilich haben sich ja auch ganz andere
Kräfte diesem Felde in Frankreich gewidmet,
als jene Meister bei uns gewesen sind, über
die die Nationalgallerie in Berlin noch vor
kurzem eine so lückenhafte Uebersicht zu
geben sich für verpflichtet hielt. Man prüfe
nur hier die in sich guten Reproduktionen
vorliegender Hauptwerke Detaille's, vor
allem seine Skizzen, und frage sich, welcher
Schlachtenmaler bei uns dem gleich käme!
Das allgemeine Uebergewicht des fran-
zösischen Durchschnittskönnen auf diesem
Gebiete wird hierbei nur zu sichtbar. Und
doch ist Detaille nicht einmal der Besten
einer. Wenn er auch den einstigen Mode-
maler Horace Vernet weit hinter sich zurück-
lässt, so waren doch die beiden künstlerischen
Begründer der napoleonischen Legende,
Raffet und Charlet, viel bedeutendere
Künstler, und selbst sein zeitgenössischer
Rivale Neufville steht weit über ihm. Doch
auch darin unterscheidet sich Detaille an-
genehm von seinen deutschen Fachgenossen,
dass er seinen schwierigen Aufgaben rein
künstlerisch entgegen tritt. Nicht das grosse
Schlachtenbild, auf dem man so viel, als
irgend möglich sehen kann, sondern der
kleine Ausschnitt, die Episode, das Genre-
hafte sind sein Ziel, und auch bei diesen
braucht durchaus nicht immer Blut zu fliessen.
So ist ihm denn in der langen Friedenszeit
der Stoff nie ausgegangen. Das Manöver,
den Krieg im Frieden, die englische Armee
und auch in Folge der politischen Ereignisse
die russische, hat er ins Bereich seiner Kunst
gezogen, Porträts gemacht und auch sehr
feine Karrikaturen geschaffen. Viele dieser
Werke werden wohl dauernden Werth als
Spiegel ihrer Zeit behalten. E. Z. —W.
Georg Hirth's Aufgaben der Kunst-
physiologie. — Jede grosse neue kulturelle

Bewegung hat unendlich zu leiden, zu
leiden durch sich selbst, denn jede Ent-
wickelung ist schmerzlich, im Individuum
sowohl, wie in der Allgemeinheit, noch mehr
aber hat sie zu leiden durch die stumpfsinnige
Renitenz der 95 °/o Ignoranten, die man im
deutschen Sprachgebrauch Philister nennt.
Zum Glück ringt sich eine solche neue Be-
wegung, sofern sie echt und wahr ist, stets
durch, wenn auch infolge der Hindernisse
langsam. Stehen ihr doch stets ein kleines
Häuflein erleuchteter, begeisterungsfähiger
Männer zur Seite, welche die schwere Kunst
ihr eigen nennen, begreifen, verstehen und
erkennen zu wollen, statt mit den bisherigen
Mitteln ihrer Individualkritik zu verdammen.
So ging es auch der Bewegung, die man
zusammengefasst, die »moderne Kunst«
nennt, und die schon wohl dreissig Jahre
alt ist. Gross und machtvoll ist sie gewachsen.
Von Man et bis zur »Kleinkunst« der VII.
Münchener Internationalen Kunstausstellung,
welch gewaltiger, weitumfassender Fortschritt
in drei Dezennien! Mit der Befreiung der
Malerei fing die Bewegung an und hat sich
ausgebreitet zu einem grossen mächtigen
Drang nach der Kunst im ganzen Beben
und Sein.
Neben den produzirenden Künstlern ist
dieser rasche Fortgang sicher auch zum Theil
jenen Männern zuzuschreiben, den vielen
zünftigen Kunsthistorikern sowohl als ein-
zelnen Männern der That, den Mäzenaten.
Und unter diese Männer der That gehört
in erster Linie Dr. Georg Hirth. Von An-
fang an hat er in der ersten Reihe gestanden.
Die grosse Münchener kunstgewerbliche Be-
wegung führte er mit Begeisterung mit an,
es entstanden das kulturgeschichtliche Bilder-
buch und die Reproduktionen deutscher Re-
naissance-Holzschnittwerke. Ein Produkt des-
selben war das »Altdeutsche Zimmer«. Und
mit der grossen Bewegung zur Kunst ging
auch Hirth mit, stets am Platze, erkennend,
versöhnend und lehrend mit dem freudigen
vollen Herzen des echten Künstlers. Er
hat Muther's Werk glänzend verlegt, er hat
die Jugend geschaffen, und damit der mo-
dernen Bewegung eine freie bedeutende
Stätte geschaffen. Daneben finden wir
 
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