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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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Fries, F.: Hans Thoma
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https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0165

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348

F. Fries:


Barocke Zierleiste.

HANS THOMA,

zu wärmen vermöchten. — Aber auch Figuren
beleben sie. Thoma schafft sie, nicht weil
sie »Josef und Maria« oder »Apollound Diana«
heissen, sondern weil sie zugleich den Raum
mit bilden helfen, in dem sie stehen. Ist
es wunderbar, wenn die Menschen, mit denen
Thoma seine Bilder bevölkert, anders sind
als die Menschen, die uns umgeben? Führen
sie doch in ihrer eigenen Welt ein merk-
würdiges Leben, das sich wesentlich unter-
scheidet von unserem stets nach Zielen
strebenden und hastenden, ein Leben, das
seinen Endzweck lediglich in der Existenz
in der räumlichen Erscheinung hat, ein
Leben, dessen gesammter Inhalt möglicher-
weise in einem einzigen Bewegungsmotiv
erschöpft ist. Die Freude ergötzt sie nicht,


die Trauer erschüttert sie nicht, die Leiden-
schaften zerreissen sie nicht. Lautlos, stumm
ist ihr Leben, das sie führen; aber sie führen
es mit unendlich viel Bewusstsein. Auch
hier wieder berührt sich Thoma mit der An-
tike, die ebenfalls ihre Befriedigung in den
räumlichen und linearen d. h. überhaupt in
der formalen Wirkung sucht, mit starker
Vernachlässigung des psychischen Elementes.
Ein anderer Ausdruck aber auch hier wieder
das gleiche Gesetz. Die Oberflächlichkeit
findet diese Figuren langweilig. Es ist die-
selbe Oberflächlichkeit, die in ihrem Innern
die Antike langweilig findet und äusserlich
eine tiefe Verbeugung vor ihr macht. Wer
Thoma in seinen Figuren nicht versteht, hat
auch niemals die Antike, hat niemals einen


Entwürfe für Wasser-Speier: Die Winde.

HANS THOMA.
 
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