Dresdener Architektur.
443
Stadt, Nürnberg, Rothen-
burg, Eger hatten die Vor-
bilder abgegeben für dieses
trauliche anheimelnde Stadt-
bild mit all seiner behag-
lichen Unregelmässigkeit
und seiner malerischen Viel-
gestaltigkeit. Und eben das
finden wir auch mit Freuden
wieder in gar manchem der
neu entstandenen Häuser
Dresdens, in dem bürger-
lich reichen und gediegenen
Victoriahause von Lossow
und Viehweger, die sich
auf Wunsch des Haus-
eigenthümers Goldschmied
Mau das Gewandhaus in
Braunschweig zum Vorbild
nahmen, in dem Redlich-
hause von Becher, in dem
Hospiz des Vereins für
innere Mission von Schlei-
nitz, in dem Blasewitzer
Goethegarten von Kurt
Diestel und in manchen
anderen weniger bedeuten-
den bürgerlichen Wohn-
und Geschäftshäusern, die
hier und da in Dresden
verstreut sind und bei aller
Einfachheit doch vermöge
ihrer anheimelnden volks-
thümlichen Karakteristik
sich unter den öden Dutzend-
erzeugnissen der Bauspekulation vortheilhaft
hervorheben und das Auge der Vorüber-
gehenden erfreuen.
Zu den städtischen Wohn- und Geschäfts-
häusern aber kommen die zahlreichen Land-
häuser und Villen, die in und um Dresden
in immer grösserer Anzahl erstehen. Wiede-
rum erfreulicher Weise trifft ein Vorwurf,
den Otto Wagner in der genannten Schrift
erhebt, auf Dresden nicht durchweg zu.
Er sagt: »In unserer Zeit geht eine gewisse
Strömung dahin, dem Einzel-Wohnhause
und den damit verbundenen ideellen Voraus-
setzungen zu ihrem Rechte zu verhelfen,
um das Versäumte nachzuholen. Dieser
Porträtbüste.
KARL SEFFNER—LEIPZIG.
Strömung hat sich die Bauspekulation be-
mächtigt, woraus eine neue Stadt- und
Strassentype, die Cottage- und Villenanlage
entstanden ist. So sehr nun auch die
Strassen in solchen Villenanlagen, wenn sie
in abwechselnder, kontrastirender, bald
offener, bald geschlossener Bauweise, mit
Vorgärten, eingeschobenen Plätzen usw.
durchgeführt sind, in ästhetischer Weise zu
begrüssen wären, so haben sie bisher doch
nur einen mangelhaften Erfolg nachzuweisen
und zwar hauptsächlich darum, weil die
Spekulation durch massloses Vermehren
einer Bautype dieser Bauweise den ästhe-
tischen Todesstoss versetzte. Der Volks-
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Stadt, Nürnberg, Rothen-
burg, Eger hatten die Vor-
bilder abgegeben für dieses
trauliche anheimelnde Stadt-
bild mit all seiner behag-
lichen Unregelmässigkeit
und seiner malerischen Viel-
gestaltigkeit. Und eben das
finden wir auch mit Freuden
wieder in gar manchem der
neu entstandenen Häuser
Dresdens, in dem bürger-
lich reichen und gediegenen
Victoriahause von Lossow
und Viehweger, die sich
auf Wunsch des Haus-
eigenthümers Goldschmied
Mau das Gewandhaus in
Braunschweig zum Vorbild
nahmen, in dem Redlich-
hause von Becher, in dem
Hospiz des Vereins für
innere Mission von Schlei-
nitz, in dem Blasewitzer
Goethegarten von Kurt
Diestel und in manchen
anderen weniger bedeuten-
den bürgerlichen Wohn-
und Geschäftshäusern, die
hier und da in Dresden
verstreut sind und bei aller
Einfachheit doch vermöge
ihrer anheimelnden volks-
thümlichen Karakteristik
sich unter den öden Dutzend-
erzeugnissen der Bauspekulation vortheilhaft
hervorheben und das Auge der Vorüber-
gehenden erfreuen.
Zu den städtischen Wohn- und Geschäfts-
häusern aber kommen die zahlreichen Land-
häuser und Villen, die in und um Dresden
in immer grösserer Anzahl erstehen. Wiede-
rum erfreulicher Weise trifft ein Vorwurf,
den Otto Wagner in der genannten Schrift
erhebt, auf Dresden nicht durchweg zu.
Er sagt: »In unserer Zeit geht eine gewisse
Strömung dahin, dem Einzel-Wohnhause
und den damit verbundenen ideellen Voraus-
setzungen zu ihrem Rechte zu verhelfen,
um das Versäumte nachzuholen. Dieser
Porträtbüste.
KARL SEFFNER—LEIPZIG.
Strömung hat sich die Bauspekulation be-
mächtigt, woraus eine neue Stadt- und
Strassentype, die Cottage- und Villenanlage
entstanden ist. So sehr nun auch die
Strassen in solchen Villenanlagen, wenn sie
in abwechselnder, kontrastirender, bald
offener, bald geschlossener Bauweise, mit
Vorgärten, eingeschobenen Plätzen usw.
durchgeführt sind, in ästhetischer Weise zu
begrüssen wären, so haben sie bisher doch
nur einen mangelhaften Erfolg nachzuweisen
und zwar hauptsächlich darum, weil die
Spekulation durch massloses Vermehren
einer Bautype dieser Bauweise den ästhe-
tischen Todesstoss versetzte. Der Volks-