Wiener Jubiläums-Ausstellung.
449
Ziertopf aus Zinn mit Kupfer-Dekor.
Schlafzimmer (mit dem zweischläfigen, eiser-
nen, englischenBett) ist in grüngebeiztem Ahorn
mit einem leuchtend hellen Gerank von Kirsch-
bäumen an den Wänden und grossgeblümten
Möbelmustern; das Badezimmer ganz in Weiss
und Glas, inclusive Badewanne. Die Firma
(Franz X. Schenzel und Sohn) verdient
erwähnt zu werden. Sie steht offenbar unter
der direkten Einwirkungdes rührigenDirektors
des Oesterreichischen Museums, des Hofraths
von Skala, der den englischen Stil in der
Wohnungs-Einrich-
tung hier durchge-
setzt hat. Für die
hiesigen Kunsthand-
werker bedeutet das
einen grossen Fort-
schritt in der Rich-
tung des Zeitge-
mässen und zum
Erproben ihres Auf-
fassungsvermögens
und ihrer tech-
nischen Geschick-
lichkeit. Als gute
Schule darf dieser
englische Stil, ob-
wohl er auf Befehl
von oben eingeführt
wurde, vorläufig
willkommen ge- Zinngefässe mit Kupfer-Dekor.
heissen werden. — Zwei
Punkte in kunstgewerb-
licher Hinsicht fielen mir
auf bei meinem Rund-
gang: das Buchgewerbe
und die — Klaviere.
Beide bedürfen dringend
der Neubelebung im
künstlerischen Sinne. Von
den vielen Büchern, die
hier zu sehen sind, lasst
mich schweigen. — Mir
fehlt der Muth, auf diese
Masse von verzierten
Bucheinbänden hier einzu-
gehen , deren Schmuck
im wesentlichen aus
Schablonen und öster-
reichischen Doppeladlern
besteht. — Aber die Klavierausstelhmg.
Wehe dem Unglücklichen, der sich in diesen
Saal verirrt! Nur zwei Instrumente, die
durch schlichte Form vornehm abstachen
und diese waren — unverziert. Der Rest
ist grauenhaft. Diese rothen uprights und
unzähligen Flügel, mit ihrem erlogenen
Schmuck von Rokokoschnörkelchen, mit
ihrer nichtssagenden Metallverzierung! Eine
dieser Geschmacksverirrungen trug sogar
eine Tafel, darauf prunkten die Worte
ERNST KLOTZ — LEIPZIG.
ERNST KLOTZ-LEIPZIG.
98. XII. 4.
449
Ziertopf aus Zinn mit Kupfer-Dekor.
Schlafzimmer (mit dem zweischläfigen, eiser-
nen, englischenBett) ist in grüngebeiztem Ahorn
mit einem leuchtend hellen Gerank von Kirsch-
bäumen an den Wänden und grossgeblümten
Möbelmustern; das Badezimmer ganz in Weiss
und Glas, inclusive Badewanne. Die Firma
(Franz X. Schenzel und Sohn) verdient
erwähnt zu werden. Sie steht offenbar unter
der direkten Einwirkungdes rührigenDirektors
des Oesterreichischen Museums, des Hofraths
von Skala, der den englischen Stil in der
Wohnungs-Einrich-
tung hier durchge-
setzt hat. Für die
hiesigen Kunsthand-
werker bedeutet das
einen grossen Fort-
schritt in der Rich-
tung des Zeitge-
mässen und zum
Erproben ihres Auf-
fassungsvermögens
und ihrer tech-
nischen Geschick-
lichkeit. Als gute
Schule darf dieser
englische Stil, ob-
wohl er auf Befehl
von oben eingeführt
wurde, vorläufig
willkommen ge- Zinngefässe mit Kupfer-Dekor.
heissen werden. — Zwei
Punkte in kunstgewerb-
licher Hinsicht fielen mir
auf bei meinem Rund-
gang: das Buchgewerbe
und die — Klaviere.
Beide bedürfen dringend
der Neubelebung im
künstlerischen Sinne. Von
den vielen Büchern, die
hier zu sehen sind, lasst
mich schweigen. — Mir
fehlt der Muth, auf diese
Masse von verzierten
Bucheinbänden hier einzu-
gehen , deren Schmuck
im wesentlichen aus
Schablonen und öster-
reichischen Doppeladlern
besteht. — Aber die Klavierausstelhmg.
Wehe dem Unglücklichen, der sich in diesen
Saal verirrt! Nur zwei Instrumente, die
durch schlichte Form vornehm abstachen
und diese waren — unverziert. Der Rest
ist grauenhaft. Diese rothen uprights und
unzähligen Flügel, mit ihrem erlogenen
Schmuck von Rokokoschnörkelchen, mit
ihrer nichtssagenden Metallverzierung! Eine
dieser Geschmacksverirrungen trug sogar
eine Tafel, darauf prunkten die Worte
ERNST KLOTZ — LEIPZIG.
ERNST KLOTZ-LEIPZIG.
98. XII. 4.