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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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Schölermann, Wilhelm: Wiener Jubiläumsausstellung 1898
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https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0274

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Wiener J ubiläums-A usstel/ung.

45*

Volksseele hinein. Darin
können, darin müssen
wir bahnbrechend werden.
Baut weniger Musik-In-
strumente , aber drückt
ihnen den künstlerischen
Stempel unseres Volkes
auf! — Erwähnen möchte
ich noch die Ausstellun gen
der Bukowina und die von
Bosnien und der Herze-
gowina. Die letztere um-
fasst zwei Pavillons, nach
den Entwürfen des Ar-
chitekten Urban, eines
jungen, geschmeidigen
Talents, das vielleicht
mehr leisten könnte, wenn
es nicht in allen vier Welt-
theilen mit beneidens-
werther Unerschrocken-
heit Anleihen machte.
Die Innenmalerei rührt
vom Maler Alphons
Mielich her und zeigt bei
durchscheinendem hellem
Oberlicht einen grün-
gelblichen und starken
Beleuchtungseffekt sehr
eigenthümlicher Art. Die
Hauptsache vom künstle-
rischen Standpunkt sind
indess die prächtigen
kunstgewerblichen Ar-
beiten der Bosniaken.
Aehnlich wie bei der
Slovakischen Hausindus-
trie (im Bukowina - Pa-
villon; kann man hier an
Tüchern, Seidenstickereien,


Handspiegel: »Narziss«

WALTHER WITTING-DRESDEN.

Wanddecken,
Holzarbeiten
(Möbel mit Einlagearbeiten), bunter Keramik,
Waffen, Rüstungen (reichgeschnitzte alte und
neue Flintenkolben und Läufe), Schränke und
sogar einem ganzen vollausgestatteten Zimmer-
chen erkennen, welch' einen gesunden Formen-
und Farbensinn diese halbwilden Bergvölker
sich bewahrt haben. Hie und da spürt man
wohl auch in den Geräthschaften die Nähe
des türkischen Halbmonds, wie er ja aus-
gesprochener in der Kleidung zum Ausdruck

kommt. Aber er berührt ungemein sympathisch,
dieser »bosnische« Stil, der vom Urgross-
vater auf den Enkel in vielen Generationen
bis auf die Gegenwart vererbt zu sein scheint.
Das ist nun allerdings keine moderne Kunst,
aber es steckt Karakter drin. Besser eine
gute Tradition, als gar keine, oder — alle
durcheinander. Die bosnische Kleinkunst
wirkt erfreulich durch ihre Abgeschlossenheit
und es wäre jammerschade, wenn diese
Eigenart durch die »civilisatorischen« Mass-
regeln der eindringenden Kultur verwischt
 
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