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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Moderner Buch-Schmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0077
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Moderner Buch-Schmuck.

indem man die Schwabacher und die heute in
Zeitungen übliche »deutsche« Brod-Schrift
befürwortet, so irrt man sich sehr. Diese ist
nicht um ein Haar »deutscher« als die An-
tiqua und ihre Abarten, denn sie gehört ja
selbst zu diesen. Sie hat jedoch beträchtliche
Nachtheile, indem sie die Erreichung einer

f

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paul bürck—München. Vorsatz-Titel.

ruhigen, kräftigen, geschlossenen Erfüllung
des Druckspiegels lange nicht in dem Maasse
fördert, wie die gedrungenere, schlichtere
»lateinische« Schrift. Einzelne Künstler, wie
z. B. Lechter, gehen sogar so weit, dass sie
auch den »grossen Buchstaben« an den An-
fängen der Hauptworte (Substantiva) inner-
halb des Satzes den Krieg erklären. Sie
wollen sie nur auf die Satz-Anfänge und
Eigennamen beschränkt wissen, wie das in
England und bei den romanischen Sprachen
von jeher Brauch war. Es steht ihnen in
diesem Bestreben das ausschlaggebende
Zeugniss des grössten und tiefsten Kenners
deutschen Wesens, Jacob Grimm's zur Seite,
welcher bei der Drucklegung seiner Werke
ebenfalls nach Möglichkeit auf eine Beseitigung
der »grossen Anfangs-Buchstaben« drang,
der ebenfalls der »lateinischen« Schrift den
Vorzug gab. Die »grossen Anfangs-Buch-
staben« sind nachweislich auch nur die Reste
eines alten Kurial- und Kanzlei-Zopfes und
man kann es unseren Künstlern in der That
nicht verübeln, wenn sie der schöneren,
ruhigeren Druck-Wirkung zu Liebe diesen
Zopf kurzer Hand abschneiden möchten.

99. viii. 3.
 
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