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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Fries, F.: Deutsche und italienische Kunst in Frankfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0135
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italienischen. Und während Röderstein und
Wohlgemut die Quadrocentisten studirten,
suchten Altheim und Boehle, Dürer und
Holbein auf. Beide sind hochtalentirte noch
junge Künstler, beide gleichalterig, eng be-
freundet, beide Schüler der Kunstschule des
Städel'schen Instituts und beide malen mit
Vorliebe Scenen aus dem bäuerlichen Leben.
Und doch wie verschieden erscheinen sie
in ihren Arbeiten. Altheim mit zartester
Technik bis in das kleinste Detail eingehend,
dabei immer liebenswürdig, Boehle voll
derber Kraft und Energie, mehr imponirend
als gefällig und dabei beseelt von einem
ganz bestimmten Streben nach Grösse, Kraft
und Einfachheit, dem Todfeind alles Weichlich-
Süsslichen. Boehle von einer fast statu-
arischen Ruhe in seinen Arbeiten, Altheim
ein Künstler, der die »Bewegung« mit einer
Sicherheit wiederzugeben vermag, die fast
frappirte, und der, was das erstaunlichste
ist, wie gerade Boehle, fast nur nach dem
Gedächtniss arbeitet, und kaum hie und
da einmal eine flüchtige Skizze macht. Bei

beiden gibt das Gedächtniss das Gesehene
fast mit photographischer Treue wieder.
Auch diese Künstler — noch erwähne ich
Batisinger, einen denkenden und eben-
falls sehr talentirten Maler — kennen die
Prinzipien Marees, den sie verehren. Wir
hoffen in unserem III. Frankfurter Hefte auf
diese Künstler an der Hand von Abbildungen
zurückkommen zu können. So hat der italie-
nische und der deutsche Geist eine scharfe
Trennung hervorgerufen innerhalb einer
Gruppe von Künstlern, die fast das gleiche
Streben eng verbindet. In dem einen Falle
der Mensch als souveräne Erscheinung, den
die freie künstlerische Phantasie hinauserhebt
über die engen Schranken von Stand und
Beruf, über Haus und Heimath; im andern
Falle der Mensch als Produkt seiner Um-
gebung, ohne die er, selber ein Theil von
ihr, nicht gedacht werden kann, in dem aber
zugleich, trotz aller Betonung des Indivi-
duellen, eine erstaunliche künstlerische Ge-
staltungskraft stets den Typus einer ganzen
Gattung zu prägen weiss. Dr. f. Fries.
 
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