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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Verschiedenes / Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0269
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Bücherschau.

der modernen deutschen Librairie. Wir
schliessen uns durchaus dem Urtheile Theo-
dor Goebels, unseres hochgeschätzten Meisters
der typographischen Kritik an, welcher im
Hinblick auf die »Bibliothek für Bücher-
liebhaber« von Fischer und Franke zu ver-
stehen gab, dass es nicht nur darauf ankäme
modern zu sein bis zum Excess, was am
Ende nur zu »kindlichen Stümpereien« und
»Rohheiten« führe, sondern dass eben ein
wirklich besserer Stil anzustreben sei.

Das Künstlerbuch. Bd. i. Arnold Böck-
lin. Bd. 2. Max Klinger. Von Franz Her-
mann Meissner. Berlin. Schuster & Loeffler.

Eine der erfreulichsten Erscheinungen
in unserem Kunstleben ist es, dass die phi-
lologische Behandlungsweise in den Schriften
über Kunst und Künstler nicht mehr die
alleinherrschende ist. Nicht mehr ist die
Datensammlung, die Quellenforschung, der
ganze unendlich trockene Apparat des Ge-
lehrten, der vor Papier nicht zur Natur
kommt, die einzige Aufgabe des Kunst-
schriftstellers: er beginnt, sich als Erklärer,
als Prophet, als Seelenkünder des Künstlers
zu fühlen. Und wer da weiss, wie verstaubt
die Seelen der Menge sind, der weiss, wie
vor allem nöthig solche Mittler sind, die
das innerste Wesen einer grossen Kunst-
erscheinung uns begeistert und begeisternd
fasslich zu machen vermögen.

Zu diesen Trefflichen gehört Franz Her-
mann Meissner. Seine beiden Bücher ge-

hören zu den allererfreulichsten Erscheinun-
gen, denn sie vermögen hinzureissen, und
so werden sie die noch Fernstehenden auch
hinreissen zur Bewunderung unseren beiden
allergrössten lebenden Künstler, Böcklin und
Klinger. Und das ist - leider — noch
nöthig genug! Es gibt genug, zuviel diesen
Gewaltigen noch Fernstehende! — Es sind
Temperamentbücher, die genossen, nicht auf
jede Einzelansicht sondirt werden sollen,
trotzdem sie in allem Thatsächlichen durch-
aus die kritische Sonde vertragen. Wo es
aber Geschmacksurtheile gibt: welcher Ein-
sichtige verlangt da Uebereinstimmung der
Meinungen in allen Stücken? Das allein
gibt Leben in der Kunst, dass jeder wirklich
eine sichere Meinung hat; welche, kommt
ganz in zweiter Linie! Und Meissner hat
seine Meinungen aus leidenschaftlicher, alle
Nerven durchdringender Vertiefung in seine
Helden gewonnen. Eine eigene Persönlich-
keit spricht denn auch aus jeder Zeile, dithy-
rambisch, ja, barock zuweilen, mit gelegent-
lichen prachtvollen Abirrungen in studen-
tische Kraftausdrücke, aber stets fesselnd,
fortreissend, Neues weckend. So kann man
nur sagen: kauft und lest es selbst! — Die
Ausstattung ist höchst einnehmend; immer-
hin wird man wünschen können, dass in
den beigegebenen Abbildungen in einer
baldigen zweiten Auflage gelegentlich etwas
grösserer Maassstab, besserer Druck, grössere
Berücksichtigung der Hauptwerke und
Wiedergabe nach den Originalkunstwerken
angestrebt wird. Hans Schliepmann.
 
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