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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 16.1905

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Mayr, Karl: Willy von Beckerath - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.8553#0313

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W. VON BECKERATH.

Jungbrunnen (Skizze für eine Wandmalerei).

WILLY VON BECKERATH-MUNCHEN.

Das bisherige Werk W. v. Beckeraths, von
dem dies Heft einige willkommene
Proben aus jüngerer Zeit gibt, ist geeignet,
jeden ernsten Kunstfreund nachdenklich zu
stimmen und gibt Anlass zu einigen all-
gemeinen Betrachtungen.

Vor mir liegt ein älteres Buch. Ich
schlage es an einer eingemerkten Stelle auf
und da steht: »In Deutschland ist alles zu
finden, nur keine grandiose Ansicht irgend
einer Sache. Es muss alles in Duodezformat
allerliebst und bequem zu handhaben sein.
Was sich über ihr spiessbürgerliches, ordi-
näres Geleise hinüber und hinaus arbeiten
will, ist ihnen unbequem, weil nicht bei einer
Pfeife Tabak und einer Tasse Tee die Sache
kann genossen werden. Und das Ausser-
ordentliche wird beinahe behandelt wie das
Unordentliche. Das ist Philisterei.« Sollte
man es glauben? Diese Worte sind vor bei-
nahe 100 Jahren geschrieben und Deutsch-
lands Beziehungen zur Kunst haben sich im
ganzen und grossen so wenig verändert, dass

1»05. XII. 1.

wir uns nicht wundern würden, diese
grimmigen Sätze in irgend einem Künstler-
brief unserer Tage zu finden. Der Zorn-
ausbruch stammt aus den Briefen eines
Mannes, mit dessen Zitierung man sich heute
bei den Kunstschriftstellern biosstellt. Peter
Cornelius hat ihn geschrieben und er bezieht
sich auf seine Sehnsucht, die Freskomalerei
wieder zu Ehren zu bringen. Cornelius hatte
das Ross, wie heute jeder weiss, von hinten
aufgezäumt. Er wollte Monumentalist sein,
bevor er malen konnte. Der Dichter und
Denker überwog in ihm den Bildner und
Augenempfinder. Aber seine innere Stimme
hat ihn drum doch nicht betrogen. So
mangelhaft und anfechtbar seine Werke sind,
so wenig uns seine Welt und seine Gedanken
mehr zu sagen vermögen — die Disposition
zum Monumentalen, die Grossartigkeit und
Männlichkeit der Auffassung besass seit den
Tagen Michelangelos keiner wie er.

Wie bitter waren die Erfahrungen nach
dem Zusammenbruch der Cornelianischen

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