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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Ostini, Fritz von: Julius Diez - München
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Julius Diez—Münche?i.

PROFESSOB JULIUS DIEZ—MÜNCHEN.

Dekorativer Entwurf: »Diana«

ersten selbständigen Versuch an ihren unver-
kennbaren, aus tausend Erscheinungen sofort
herauszufindenden Charakter hatte! Bei der
großen Mehrzahl der jungen Graphiker von da-
mals fühlte man bald Anlehnung, bald Gewalt-
samkeit und Originellseinwollen. D i e Zweie
waren , wie sie sein mußten, frei, stark und
gesund. Und beide von einem Reichtum der
künstlerischen Einfälle, der nie versiegte. Ge-
meinsam hatten sie auch das, daß sie beide
das Publikum zunächst am wenigsten begriff,
weil sie am rücksichtslosesten ihre eigenen
Wege gingen. Und noch eins: daß sie sich in
ihrer Formel nicht erschöpften und nicht zum
Überdrusse wiederholten , weil diese Formel
eben nicht eine angenommene war, sondern
aus ihrem innersten Wesen entsprang. Man-
cher Blender und Geschicklichkeitsmensch von
damals ist denn heute auch vergessen oder
hat sich anderen Spezialitäten zugewandt. D i e
Beiden mußten ihren Weg machen und haben
ihn gemacht und stehen heute in der allerersten
Reihe der dekorativen Künstler Deutschlands.

Diez hat die originale Kraft seiner Begabung
bewahrt, trotzdem seine künstlerische Lehrzeit
sehr danach angetan war, ihn zum „retrospek-
tiven Stilisten" Münchnerischer Prägung wer-
den zu lassen. Er erhielt die erste Ausbildung
auf der Münchener Kunstgewerbeschule, wo
damals die historischen Stilarten in Reinkultur
gepflegt wurden. Das sei kein Vorwurf! Jene

waren ja auch das Einzige und Beste, was man
zu geben hatte, ausgeprobte und sichere For-
meln, die Jedem die Möglichkeit gaben, etwas
Gutes und Gangbares zu leisten. Als Diez
dann an die Kunstakademie übertrat, fand er
in der Schule an Rudolph Seitz, nachdem er
erst bei Hackl nach der Natur gearbeitet hatte,
wieder die gleichen Bestrebungen. Sein Meister
war einer der gründlichsten Kenner und Gön-
ner alter Form und Technik, die es gab, ein
Mann von heißer Begeisterung für die Schön-
heit des alten Kunsthandwerks und der frühe-
ren deutschen Malerei, namentlich der Barock
und Rokoko. Er schreibt die Handschrift dieser
Epochen mit einer Sicherheit, die kaum ein
Zweiter erreicht und sein Schüler strebte, es
ihm nach zu tun. Aber an Julius Diez, dessen
Talent er wohl erkannte, hat er nach jener
Richtung hin wenig Freude erlebt. Der war
ein Eigener und ließ sich nicht dazu bewegen,
zu dem Besonderen, das er zu sagen hatte, die
überkommenen Redewendungen zu gebrau-
chen. Sein Stil war nicht „rein", war uner-
laubt persönlich und er gab sich auch keine
Mühe jenen reinen Stil zu erlernen. Vielleicht
gab er sich im Sinn der Schule überhaupt nicht
viel Mühe und höchstwahrscheinlich war dies
sein Glück. Es ging ihm nichts weniger als
glänzend und er mußte, um über des Lebens
bitterste Not weg zu kommen, in einer Zeit
schon verdienen, wo andere noch nichts zu tun

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