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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0307

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KLEINE KUNST-NACHRICHTEN.

DEZEMBER 1909.

MODERNE SILBERARBEITEN. Eine kleine
Ausstellung im Berliner Kunstgewerbe-
Museum beweist, wie entschieden es mit dem
Handwerk der Gold- und Silberschmiede
vorangegangen ist. Es offenbart sich die
wohl zu verstehende Tatsache: dag besonders
die eigentlichen Praktiker zu neuen und glücklichen
Resultaten gelangten. Gewiß, auch da, wo nach
Entwürfen guter Künstler die Arbeiten sorgfältig
ausgeführt werden, steigen die Leistungen wesent-
lich über das Niveau der Handelsware. Aber
zur vollen Entfaltung kommt ein neues Wollen
doch nur dort, wo Vorstellung und Ausführung,
wo Hirnbild und Handgeschick von einer einzigen
Persönlichkeit geleistet werden. Die Edelschmiede,
sie, die wirklich das Werkzeug regieren, schaffen,
sofern sie empfindsame und innerlich reiche
Menschen, die reinsten und die gesündesten der
neuen Formen. Stücke, wie sie die Fa. Bruckmann,
Heilbronn, nach den Zeichnungen verschiedener
Bildhauer herstellt, sind zweifellos von ausge-
zeichneter Qualität; sie können, wenn der Bild-
hauer tüchtig ist, auch schön sein. Aber der
spezifische Reiz der Materialbelebung, jene un-
verkennbare Atmosphäre, in der das Klirren der
Punzen und Hämmer ewiglich zu tönen scheint,
daran fehlt es. Das treffen wir, wenn wir an das
Geschmeide geraten, das der Darmstädter Ernst
Riegel mit wachen Sinnen und liebkosenden
Fingern komponierte. (Das Wort musikalisch
verstanden.) Diese Atmosphäre des Werkzeuges
treffen wir bei Emil Lettre —Berlin. Der ist
ein fabelhafter Techniker ; es dürfte schwer halten
seinesgleichen zu finden. Wie er aus einem
einzigen Stück große, bauchige Gefäße zu treiben
weiß, wie er klare Formen aus freier Hand direkt
in das Metall schlägt, wie er dem Silber zu einem
tiefen und reichen Oberflächenschein verhilft, das
ist meisterlich, ganz meisterlich. r, Breuer.
Ä

BERLIN. Paul Cassirer hat etwa 40 Gemälde
des Paul C^zanne zusammengebracht,
die er im November und Dezember ausstellte.
Was für ein vortrefflicher Maler war doch
dieser Mann! Man braucht zwar nur ein Bild
von ihm zu kennen, und man begreift darin den
ganzen Menschen. Es sind nur die Energien der
Farbe, die er an den Dingen dieser Welt sieht,
und er betreibt mit einer solchen Unbekümmert-
heit farbige Komposition, daß er über diesem
einen künstlerischen Problem jede Rücksicht auf

die reale Erscheinung der Natur, den primären
Empfindungswert des Stofflichen usw. vergißt.
Dabei aber gelingen ihm doch wunderbare Por-
träts, wie etwa das des Kunsthändlers Valabregue,
den er nur durch Variierung der farbigen Stim-
mung von zwei Seiten seines Wesens zeigt. Und
von seinen Stilleben halte ich das mit der Uhr
und der großen Muschel für eines der schönsten,
die überhaupt je gemalt worden sind. e. bender.
A . .•

Bei Gurlitt sind eben mehr als 60 Gemälde
Hans Thomas (auch Majoliken) zu sehen, die
ihn als guten und als schlichten Maler, immer
aber als einen lieben Menschen zeigen. e. b.

£

Die Galerie Schulte hatte eine große Kol-
lektion von mehr als 100 Bildern Eduard von
Gebhardts zusammengebracht. Dieser Maler
hat Ziele, die nicht immer künstlerische sind, und
eigentlich Maler ist er nur in seinen ganz frühen
Sachen, etwa in dem Einzug Christi in Jerusalem
von 1863, dessen quattrocentistische Farbengebung
man vergißt über der reinen Empfindung des
schönen Erzählens, und dann in seinen Skizzen,
die freilich nach modernen Begriffen schon mehr
als ausgeführte Gemälde sind. Wer eine Studie
malen kann, wie den predigenden Christus für
die Bergpredigt von 1903, die in der harbe und
im Ausdruck so vortrefflich ist, den darf man ruhig
einen Maler heißen. Im fertigen Bild aber macht
er die Wirkung zu Schanden durch eine sehr
unökonomische Detaillierung des Vorgangs in
Malerei und Charakteristik. So geht es ihm fast
immer, und man wird ihn als Künstler stets nur
nach seinen Studien beurteilen dürfen. Als Mensch
erscheint er freilich in den großen Arbeiten am
reinsten, und zwar als ein nicht gewöhnlicher
Mensch von großem sittlichem Ernst. e. b.
£

Die Galerie Schulte teilt mit, daß sie für
Januar 1910 eine Gedächtnisausstellung von mehr
als 150 Bildnissen des kursächsischen Hofmalers
Anton Greff (1736-1813) vorbereitet, worauf
man sich füglich freuen darf. e. b.

£

ITALIENISCHE BIBELOTS. Im Berliner Künstler-
X haus hat Herr H. St. Lerche aus Rom allerlei
Kunstgewerbliches zu zeigen. Um was es sich
handelt, das sollen einige Diagnosen kundtun.
Es gibt zu sehen: Eine Vase, etwa einen Meter
hoch, sie heißt: das Meer. Der Fuß ist ein

1910. iv. 8.

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