PROFESSOR BRUNO PAUL BERLIN.
Wohnzimmer, unter Verwendung alter Möbel.
ALTE UND NEUE STADTTEILE.
VON WILHELM MICHEL.
Denkmalschutz, Heimatschutz — gut. Ohne
Not Denkmale vollsaftiger, künstlerischer
Vorzeit, die verloren gegangene Schöpferkräfte
in sich gesogen haben, zu zerstören, das wäre
Barbarentum. Man kann noch weiter gehen.
Das unersetzliche Alte darf sogar unter Opfern
konserviert werden. Bauten, Plätze, Straßen-
bilder , in welche die ehrenfesten Väter ihre
Kraft und ihre Würde hineingebaut haben, sind
Güter, sind Werte. Die Opfer, unter denen
man sie bewahrt, sind der Kaufpreis, den man
für diese Güter bezahlt. Unersetzliches darf
man teuer, sogar sehr teuer bezahlen.
Aber auch alte Städte müssen das heutige
Leben mitleben. Sie dehnen sich aus, es muß
gebaut werden. Da erhebt sich die Frage:
Sollen die Architekten rücksichtslos ihre neuen
und ganz unabhängig erdachten Formen neben
die alten setzen odersollen sie sich „anpassen"?
Soll das alte, historisch gewordene Stadtbild
auch in den neuen Stadtteilen gewahrt bleiben,
oder darf ein vom alten ganz abweichendes,
modernes Stadtbild geschaffen werden?
Mit puritanischem Radikalismus ist meines
Erachtens in dieser Frage gar nichts getan. Denn
der Erbauer eines einzelnen Hauses ist künst-
lerisch nicht unabhängig. Das Haus ist nur die
niederste Einheit in der Baukunst. Über ihm
gibt es die höhere künstlerische Einheit des
Straßenbildes, der Platzwirkung, und über die-
ser, allerdings weniger fühlbar, die Einheit des
Städtebildes. Innerhalb dieser höheren Ein-
heiten bildet das Haus trotz aller seiner Selbst-
ständigkeit einen dienenden Bestandteil. Neue
194
Wohnzimmer, unter Verwendung alter Möbel.
ALTE UND NEUE STADTTEILE.
VON WILHELM MICHEL.
Denkmalschutz, Heimatschutz — gut. Ohne
Not Denkmale vollsaftiger, künstlerischer
Vorzeit, die verloren gegangene Schöpferkräfte
in sich gesogen haben, zu zerstören, das wäre
Barbarentum. Man kann noch weiter gehen.
Das unersetzliche Alte darf sogar unter Opfern
konserviert werden. Bauten, Plätze, Straßen-
bilder , in welche die ehrenfesten Väter ihre
Kraft und ihre Würde hineingebaut haben, sind
Güter, sind Werte. Die Opfer, unter denen
man sie bewahrt, sind der Kaufpreis, den man
für diese Güter bezahlt. Unersetzliches darf
man teuer, sogar sehr teuer bezahlen.
Aber auch alte Städte müssen das heutige
Leben mitleben. Sie dehnen sich aus, es muß
gebaut werden. Da erhebt sich die Frage:
Sollen die Architekten rücksichtslos ihre neuen
und ganz unabhängig erdachten Formen neben
die alten setzen odersollen sie sich „anpassen"?
Soll das alte, historisch gewordene Stadtbild
auch in den neuen Stadtteilen gewahrt bleiben,
oder darf ein vom alten ganz abweichendes,
modernes Stadtbild geschaffen werden?
Mit puritanischem Radikalismus ist meines
Erachtens in dieser Frage gar nichts getan. Denn
der Erbauer eines einzelnen Hauses ist künst-
lerisch nicht unabhängig. Das Haus ist nur die
niederste Einheit in der Baukunst. Über ihm
gibt es die höhere künstlerische Einheit des
Straßenbildes, der Platzwirkung, und über die-
ser, allerdings weniger fühlbar, die Einheit des
Städtebildes. Innerhalb dieser höheren Ein-
heiten bildet das Haus trotz aller seiner Selbst-
ständigkeit einen dienenden Bestandteil. Neue
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