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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Schaeffer, Karl: Heinrich Vogeler - Worpswede
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0347

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HEINRICH VOGELER WORPSWEDE.

Federzeichnung.

HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE.

VON DR. KARL SCHARFER BREMEN.

Es war schade, daß Worpswede zum
Schlagwort wurde, denn aus seiner Mode-
berühmtheit von 1895 konnte jeder Kundige
schon damals schließen, daß zehn Jahre später
die Spatzen sich- erzählen würden, Worps-
wede sei tot und endgültig überwunden. Das
neue Schlagwort ist nicht besser als das alte
und um nichts richtiger. In diesen letztver-
gangenen Wochen hat die Nachlaß-Ausstellung
Fritz Overbecks in der Bremer Kunsthalle uns
davon überzeugen müssen, welche unver-
brauchte Kraft und welche erfrischende Größe
in der schlichten Natur-Auffassung lag. Und
wenn die Übrigen Jahre gehabt haben, in
denen die Fruchtbarkeit ihrer Produktion
größer gewesen ist als ihre schöpferische Kraft,
so ist doch unser Vertrauen in ihre Kunst
darum nicht geringer als damals, als ihr Ruhm
neu und ihr Wollen original schien.

Am wenigsten wird man Heinrich Vogeler
gerecht werden, wenn man ihn mit dem
Schlagwort von der Worpsweder Mode heute
preist oder morgen gering schätzt. Freilich

war er auch niemals mit den Äußerlichkeiten der
Moorlandschaft am Weiherberg so verknüpft
wie die übrigen, die Landschafter. Er hatte
vom ersten Tage an seine besondere Art, die
Menschen und Dinge um sich her zu sehen.
Die einen sagten, wie sonderbar; die andern
nannten es gewollte Naivität; und erst wer
den Menschen kannte, der verstand den
Künstler, der fühlte, daß dieser Mann nur so
und nicht anders malen könne; denn so sah
die Welt aus, die er in seinem Herzen trug.
Es gibt nun einmal Menschen, die am hell-
lichten Tage Märchen träumen, und man tut
gut daran, sie nicht zu stören. Sie sehen die
Madonna und Rittersleute und Quellnymphen
leibhaftig und alle Tage vor sich, und haben
recht, wenn sie uns nicht glauben wollen, daß
all das nur triviale Alltagsmenschen seien.
Und Vogeler ist eines von diesen Sonntags-
kindern , denen die Welt sich mit Wundern
auftut überall, wo sie gehen. Und weil
Mensch und Künstler in ihm immer und selbst-
verständlich eins gewesen sind, so kann er

1810. v. 5.

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