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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Ostini, Fritz von: Julius Diez - München
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Fritz v. Ostini:

PROFESSOR JULIUS DIEZ—MÜNCHEN.

»Die Herbstzeitlosen«

tektonisches Gefühl, seinen Sinn für die große
Linie, für Harmonie und Rhythmus der Farben.
Er hat noch vor keiner großen dekorativen
Aufgabe versagt, auch wenn sie ganz neue
Anforderungen an ihn stellte, wenn er für Glas-
malerei oder Mosaik Entwürfe zu liefern,
Riesenflächen zu dekorieren, z. B. ein hundert
und dreißig Meter langes Fresko zu malen
hatte, wie 1908 für das Restaurant des Mün-
chener Ausstellungsparkes. Wie wenig starr
seine Eigenart trotz der seltenen Bestimmtheit
ihres Charakters ist, zeigt er gerade in der
Leichtigkeit, mit der er sie den Zwecken jedes
neuen Materials anschmiegt. Zu seinen ersten
größeren Kartons gehörten z. B. die für Hugo
Lichts prachtvolles neues Rathaus in Leipzig
und sie fielen wunderbar schön und material-
gemäß aus, ob es sich nun um ganz einfache,
nur linearverzierte Fenster aus lichten Schei-
ben oder um eigentliche farbenprächtige Glas-
bildnerei handelte. Er fand dort beide Auf-
gaben und löste beide gleich gut und gleich
logisch. Andere Glasfenster, die nicht min-
deren Beifall fanden, hat Diez für das Stadt-
haus in Essen, für das Rathaus in Remscheid
usw. entworfen.

Besondere Lust scheint der Künstler an der
Wanddekoration in Mosaik zu haben, eine
Vorliebe, die sich ohne Weiteres begreift. Er
liebt die strenge Form, die straffe Kontur, die
scharfumgrenzten Flächen — lauter Dinge,
welche die Mosaikkunst von dem Schöpfer
ihrer Entwürfe auch ihrerseits fordert. Seine
spezielle Stärke ist es, den Bildschmuck or-
ganisch und doch mit selbstherrlichem Ge-
schmack in einen Raum zu passen und er zeigt
diese Stärke auch in der kleinsten Vignette.
Um wie viel mehr bei Aufgaben, die ihn direkt
mit der Architektur zusammen zu arbeiten
zwingen. Er liebt auch als geborener Deko-
rateur die Verwendung glanzvoller, reiner Far-
ben — so konnte ihm kaum ein Material will-
kommener sein, als die Glasmosaik mit ihrem
unverwüstlich frischen Farbenschmelz, die
Höhen und Tiefen, Glanz und Kontraste hat,
wie kein anderes Mittel der Malerei. Man
möchte fast sagen, die Mosaikkunst und die
Glasmalerei haben die „Farbe an sich" zur
Verfügung, die optisch reine, die kein Binde-
mittel trübt und kein Malgrund aufsaugt. Die
Freude an solcher blühender Farbe spricht
froh und laut aus den schönen'gr°ßen Medail-

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