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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Rohe, M.: Frank Eugene Smith - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0062

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Frank Eugene Smith—München.

FRANK EUGENE SMITH MÜNCHEN.

Pbetographisches Bild: »Dido«

da wie überall; eines schickt sich nicht für alle.
Im Streben nach absololuter Belebung geht
Smith bis zur äußersten Kühnheit. Wenn man
Aufnahmen betrachtet, wie jene des Münchner
Malers Prof. Hengeler (Abb. S. 53) oder die
des Schachmeisters Lasker(Abb. S. 52), so sieht
man sofort, wie ich dies meine. Bei dem Por-
trät Hengelers beispielsweise steht der Kopf
gegen ein auf der Staffelei postiertes Bild und
der Kontur des Puttenkörpers, sowie die Pro-
fillinie des Porträtkörpers laufen neben einan-
der her, ja gehen teilweise in einander über.
Jeder andere Porträtist würde suchen die Pro-
fillinie in Sicherheit zu bringen und sie gegen
eine ruhige Fläche stellen (wie ich gestehe,
auch sehr zu Recht, wenn es ihm darauf an-
kommt, alles auf den Ausdruck der Persön-
lichkeit zu konzentrieren). Smith wagt die
Konkurrenz der Linien und überwindet die
Gefahr, in die er sich, seinem überstarken
malerischen Instinkt folgend, begebenhat, glän-
zend. Ähnlich gelagert ist der Fall beim Bild-
nis Laskers und in einer Reihe anderer Ar-
beiten dieses Malerphotographen. Daß Smith
aber nicht auf eine einzige Auffassungsweise
sich eingeschworen hat, sondern noch vieler-

lei anderen Problemen nachgeht und nachzu-
gehen versteht, zeigt von den hier gegebe-
nen Proben das wirkungsvolle Bildnis eines
lesenden jungen Mannes (Abb. S. 46), ein
hervorragendes Bild von starker Tonverein-
heitlichung und kraftvoller Ruhe. Es ist über-
raschend, wie Smith immer wieder neue Reize
herausbringt, so viel Bilder man von ihm auch
sieht. Ein paar Dinge jedoch sind allen ge-
meinsam, die jedesmal wieder liebevollste Ver-
tiefung in die gestellte Aufgabe und die aus
ihnen leuchtende große Schaffensfreude ihres
Meisters. Wahrlich vor diesen glänzenden Ar-
beiten versteht man, was vielen als unverständ-
lich erscheint, warum der Maler Smith seine
Palette fast völlig zur Seite gelegt und mit der
photographischen Kamera vertauscht hat. Er
hält sie für das geeignetste Instrument, seine
Lebensenergie auf andere zu übertragen.

£

Wir müssen unser technisches Wissen und Können
bis aufs äußerste ausbilden, aber wir dürfen unsere
Phantasie, unsern Schönheitssinn, unser Gefühl nicht
vernachlässigen, denn ohne das haben wir nichts aus-
zusprechen. Walter Crane.

4S
 
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