Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

DOI article:
Michel, Wilhelm: Das Malerische
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0127

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Malerische.

EMIL ORLIK—BERLIN.

Farbiger Holzschnitt; »Winter im Walde

rischen Systematiker, könnte man den „Maler"
den analysierenden Poeten nennen. Was bei
jenem die Herrschsucht ist, das ist bei ihm die
Liebe. In der Tat, ich habe immer das Gefühl
gehabt, daß das „Malerische", also die üppige
Abwandlung des Haupttones, das koloristische
Rätselsuchen, den Reichtum der koloristischen
Problemstellung, nur bei solchen Künstlern
möglich ist, die die Welt in der Weise des
Dichters lieben, in der Weise des Mystikers
anbeten. Der „Maler" findet den Weg zum
Ganzen der Welt durch das einzelne Objekt,
durch die sinnliche Erscheinung des einzelnen
Dinges. Er ist verwandt dem Mystiker, der in
der kleinen Blume das Ganze der Welt zu

fühlen vermag. Das Malerische ist stets das
Produkt eines ausgesprochen herzlichen und
liebevollen Anschauens der Dinge. Die Liebe
ist blind, sagt man. Nichts ist falscher als das,
denn immer sieht die Liebe ihren Gegenstand
reicher als Haß oder Gleichgültigkeit die
übrigen. Die Liebe bereichert die Welt, denn
sie ist, gleichviel ob Lebendem oder Totem
zugewandt, immer Dichtung, und vom Dichter
sagt man: Er vermehrt das Inventar der Welt.

Ich fasse den Begriff Mystiker nicht so enge
als es der gemeine Sprachgebrauch will. Ich
identifiziere letzten Endes Mystik mit Poesie.
Und so gewinne ich weitere Merkmale des
„Malerischen". Der „Maler" hat mit dem

1x3
 
Annotationen