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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Vogt, Adolf: Geschmacks-Kunst: Zu den Raumbildern von A. Pössenbacher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0156

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Geschmackskunst.

a. cossen kac1ikk munchf.n-i1k.k 1.1 n.

Klubzimmer Pferdesport. Atlantik-Hotel, Hamburg.

stimmten Holzschnitt, eine Vorliebe für Hölzer
mit feiner, aber klarer Zeichnung, und für
breite Leisten. Dem Holz wird bei den großen
Flächen und weitausholenden Rundungen recht
viel zugemutet, aber diese eminent schwie-
rigen Wölbungen werden mit vollendeter
Sauberkeit herausgebracht. Überhaupt sucht
man viel eher mit der Meisterschaft der Ar-
beit als mit dem teuren Material zu prunken,
und das ist kein schlechtes Prinzip. Ganz
köstlich werden bei Pössenbacher die feinen
Kannelierungen, Gesimse undProfile behandelt,
da vergißt man über dem Reiz der Arbeit
allen Streit um die Stile.

Die Beleuchtungs-Körper sind fast alle als
gut zu bezeichnen. Sehr glücklich sind in
dem niedrigen holländischen Klubzimmer
die gedrungenen Messingleuchter mit der
mächtigen Kugel. Die Vorhänge blieben, was
zu loben, durchweg glatt. Es fehlt jegliche
Draperie. Aber von den kleinen, buntge-
druckten Volants, die als Rauchschürzen am

Kamin berechtigt sind, wurde doch zu ausgie-
big Gebrauch gemacht. Man kann sie nicht
gut über eine ganze Wand spannen oder einen
Büfetteinbau damit garnieren.

Die abgebildeten Räume erscheinen uns in
ihren Einzelheiten und Stimmungen bekannt
und vertraut. Sie fügen sich ohne Zwang in das
Leben der Gesellschaft, der Familie ein. Was
sie aber darüber hinaus wertvoll und bedeut-
sam macht, ist ein seltener Geschmack, ein
feiner Sinn für Valeurs der Linien und Flächen,
für Raumstimmungen, für Qualitäten der Ar-
beit, der das Vertraute doch auf eine beson-
dere Art sagen läßt. Das ist eine sehr gewählte
und gepflegte Sprache, die man immer gerne
hört, aber natürlich macht die kultivierte, die
„soignierte" Sprache noch keine Dichtung.
Und mir scheint, das ist es doch, was die
meisten suchen. Sie wollen gute Möbel, gute
Wohnräume. Nichts weiter. In einem Ge-
dicht, in einem Bilde zu leben, würden sie
mit Heftigkeit ablehnen. adolf vogt.

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