DOI Artikel:
Hardenberg, Kuno von: Von der Mode
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0435
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VON
DER MODE.
An der durch Über-
L lieferung und
Übereinkommen ge-
heiligten Ordnung un-
serer Kleiderkultur, an
der allgemeinen Mei-
nung über das, was zu
tragen schicklich und
zwecklich ist, hat kein
Andrer ein Recht, zu
rütteln und zu rühren,
nicht der nüchterne
Verstand, der mit dem
Plastron der Logik
um Hygiene oder so-
ziale Einfachheit ra-
piert, nicht die über-
schwellende Phanta-
sie, die sich Farben und
Formen gebauschter,
gestickter, gepuffter, in
Purpur getauchterGe-
wänder ihrer Augen-
trunksucht erwünscht
— denn allein die ge-
heimnisvolle Königin
Mode. Nur sie allein kann das Zauberwort sprechen:
Mutabor! — Die Mode macht sich alle Äußerungen
unseres Lebens tributpflichtig, was da geboren wird,
was immer erwächst,
muß ihr zahlen, wenn
es ihr beliebt. Was
einkommt, verwendet
sie dazu, die Dinge
und die Gedanken zu
kleiden. Sie ist lau-
nisch wie ein Weib,
bald beeinflußt sie die
Produktion, bald läßt
sie sich von der Pro-
duktion beeinflussen.
— Die Jungen sind der
Mode treustes und
begeistertstesGefolge,
mittleres Alter schließt
sich ihr vorsichtig ge-
messen an, drohend
und mit dem Krück-
stock fuchtelnd, hum-
peln die Alten hinter-
drein, woferne sie es
nicht vorziehen,
schmähend am Wege-
rain sitjen zu bleiben,
ohnmächtigVerschwö-
rungen anzettelnd, an
deren Ausführung sie
Freund Heins Sense
grausam hindert. Der Mode voran ziehen die
Kinder der ewigen Jugend und streuen ihr Blumen.
Der Weise sieht ihr liebevoll zu, wenn sie das
■ Architekt
Q E. J. Wimmer.
Seidenschal
^ mit Stickerei.
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1910. VI. 7.
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An der durch Über-
L lieferung und
Übereinkommen ge-
heiligten Ordnung un-
serer Kleiderkultur, an
der allgemeinen Mei-
nung über das, was zu
tragen schicklich und
zwecklich ist, hat kein
Andrer ein Recht, zu
rütteln und zu rühren,
nicht der nüchterne
Verstand, der mit dem
Plastron der Logik
um Hygiene oder so-
ziale Einfachheit ra-
piert, nicht die über-
schwellende Phanta-
sie, die sich Farben und
Formen gebauschter,
gestickter, gepuffter, in
Purpur getauchterGe-
wänder ihrer Augen-
trunksucht erwünscht
— denn allein die ge-
heimnisvolle Königin
Mode. Nur sie allein kann das Zauberwort sprechen:
Mutabor! — Die Mode macht sich alle Äußerungen
unseres Lebens tributpflichtig, was da geboren wird,
was immer erwächst,
muß ihr zahlen, wenn
es ihr beliebt. Was
einkommt, verwendet
sie dazu, die Dinge
und die Gedanken zu
kleiden. Sie ist lau-
nisch wie ein Weib,
bald beeinflußt sie die
Produktion, bald läßt
sie sich von der Pro-
duktion beeinflussen.
— Die Jungen sind der
Mode treustes und
begeistertstesGefolge,
mittleres Alter schließt
sich ihr vorsichtig ge-
messen an, drohend
und mit dem Krück-
stock fuchtelnd, hum-
peln die Alten hinter-
drein, woferne sie es
nicht vorziehen,
schmähend am Wege-
rain sitjen zu bleiben,
ohnmächtigVerschwö-
rungen anzettelnd, an
deren Ausführung sie
Freund Heins Sense
grausam hindert. Der Mode voran ziehen die
Kinder der ewigen Jugend und streuen ihr Blumen.
Der Weise sieht ihr liebevoll zu, wenn sie das
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