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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0438

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Kleine Kunst-Nachrichten,

liehen und gründlichen Streben getragenen künst-
lerischen Richtung, die fast alle Werke der Aus-
stellung, Bilder und Plastiken, vorteilhaft aus-
zeichnet. Dieses einheitliche Streben nach hohen
und höchsten künstlerischen Zielen in der Freun-
desgruppe der „Elbier", deren Zahl von 7 vor
nahezu einem Jahrzehnt, heute auf 13 gestiegen
ist, bringt es mit sich, dag ihre Ausstellungen
eine seltene Einheitlichkeit in der künstlerischen
Tendenz verraten, die vor allem in den Bildern
auffallend zum Ausdruck kommt. Natürlich kann
von einer Ähnlichkeit im mathematischen Sinne
hier keine Rede sein, es ist vielmehr jene innere
Harmonie gemeint, durch die ähnlich veranlagte
Künstler infolge inniger Wechselbeziehungen und
gegenseitiger Beeinflussungen nach der künst-
lerischen Seite hin, in ihren Werken sich ähnlich
werden, mögen die behandelten Gebiete auch
noch so weit auseinander liegen. Dieses ernste,
ehrliche, gründliche Streben nach solch innerer
künstlerischen Einheitlichkeit verleiht den Aus-
stellungen der „Elbier" einen eigenen Reiz, der
dadurch noch erhöht wird, dag die Stoffgebiete
mehrerer unter ihnen fast gleich sind, bei der
Behandlung aber jene feinen individuellen Unter-
schiede auftauchen, die das Wesen des wahren
Künstlers legten Endes ausmachen. Da unter
den 13 Künstlern nur 3 Plastiker sind, so tritt
die Plastik naturgemäg bei ihren Ausstellungen
ein wenig in den Hintergrund, bleibt jedoch nach
der erwähnten Seite hin immer beachtenswert
und interessant.

Der Kunstverein in Cassel hat durch diese
wertvolle Ausstellung, die einen zwar kleinen,
aber lebendigen und temperamentvollen Aus-
schnitt aus dem besten Kunstschaffen der Gegen-
wart zeigt, den Kreis seiner lerjtjährigen, fast
stets bedeutenden Ausstellungen um eine wich-
tige vermehrt und wiederum bewiesen, dag er
mit den reformatorischen Bestrebungen des neuen
Vorstandes, den Kunstsinn des Publikums durch
die besten Darbietungen aus allen Kunstgebieten
in seinen Ausstellungen allmählich immer mehr
zu wecken und zu fördern, sich auf dem rechten
Weg befindet. w.

£

ILLUMINATION. Zu Kaisers Geburtstag zündet
die Berliner City Freudenlichter an. Elek-
trische Ströme sollen patriotisch aufrauschen.
Nun hat Norddeutschland wenig Instinkt für fest-
lichen Schmuck, und so waren denn auch diese
Illuminationen meist recht banal und geschmack-
los. Immerhin: in den lernten Jahren ist es lang-
sam etwas besser geworden; und diesmal konnte
man im allgemeinen schon zufrieden sein. Zum
mindesten sind einige Prinzipien begriffen worden.

Die üble Buntheit und das gehäufte Arrangement,
zu dem die leicht beweglichen elektrischen
Birnen verführten, scheinen überwunden. Man
steckt nicht mehr Dutjende und Hunderte von
Glühlampen dicht nebeneinander in die naturalisti-
sche Form von Fahnen, Kronen, Adlern oder Schrift-
zügen. Man sieht nicht mehr in der brutalen
Massenwirkung den höchsten Effekt. Man hat
gelernt, dag auch die Helligkeit erst zur rechten
Wirkung kommt, wenn sie formal gebändigt
wurde, wenn sie einem klaren Thema dient. Und
man hat ferner gelernt, dag solches Thema nur
architektonischer Art sein kann. Messel war
der erste, der diese Erkenntnis zur Tat erhob;
er rahmte die Pfeiler und die Hauptmassen seines
Wertheimbaues mit einer dichtgeschlossenen
Reihe von Lampen und gewann so mühelos und
selbstverständlich eine starke Monumentalität. Das
Ei des Columbus. Dies streng architektonische
Prinzip hat gesiegt; bei der lerjten Illumination
konnte man viele groge Geschäftshäuser sehen,
deren Fassaden mit leuchtenden Linien umrahmt,
mit leuchtenden Linien rhythmisch gegliedert
waren. Es ist anzunehmen, dag hierzu Peter
Behrens als künstlerischer Beirat der A. E. G.
das Seine beigetragen hat. Einige Anordnungen
schienen seine Hand deutlich zu verraten. Dag
in der Tat für die Illumination städtischer Bauten
das architektonische Geserj und der Rhythmus
die alleinigen Mittel klarer und pathetischer Wir-
kung sind, das bewies am besten die Gesamt-
heit des Pariser Platjes. Diese edelste Raum-
einheit des Berliner Stadtbildes war allseitig
von brennenden Kerzen umfagt. Diese Kerzen
standen hinter den Fenstern der den Plarj
begrenzenden Häuser, sie standen in Gliedern,
unterbrochen durch die Intervalle der Mauern.
Ästhetisch war nichts anderes geleistet, als
eine möglichste Verdeutlichung und scharfe
Sichtbarmachung der natürlichen Etagen, des
stets vorhandenen Fassadenbildes. Das genügte,
um einen starken Eindruck zu vermitteln. Es
gibt eben keinen reineren Grad städtischer
Monumentalität als den geschlossener Raum-
wirkung, als den architektonischer Ordnung.
Unter den Schaufenstern, die dem Kaiser zu
Ehren hergerichtet worden waren, war eines beson-
ders beachtenswert, das der Frau Oppler. Sie
hatte es für Julius Brühl, das Stickereigeschäft,
dessen künstlerische Führung sie übernommen, zu-
sammengestellt. Der Raum des ganzen Fensters
war nach hinten in voller Höhe durch einen Vor-
hang von dunkelgrüner Seide abgeschlossen.
Die Ausschmückung wurde durch zwei Banner
und einen hohen Leuchter bestritten. Die Banner
standen links und rechts, seiden, blaurot und

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