Probleme des Städtebaus.
Das Bedürfnis war stärker
als die Reißbrettzeichnerei
des Städtemachers. Der zog
seine Straßen möglichst lang,
möglichst breit, möglichst
grade, schnitt seine Parzellen
bald schmal und tief, bald
breit und kurz. An Syste-
men und Systemchen fehlte
es wahrlich nicht, nur am
klaren Denken. Sonst
hätte man auch da längst
einsehen müssen, daß dieser
mächtige Stadtkörper nach
einer Scheidung des C ity-
kerns der Geschäfts-
stadt von den Arbeits-
bezirken, dem Wohn-
viertel und der reprä-
sentativen Monumen-
eine Verkehrsfrage. Be-
queme und natürliche Ver-
bindungen müssen geschaf-
fen werden. Das heute üb-
liche rechteckige Straßen-
netz mit den langen, schnur-
geraden Zügen ist so ziem-
lich die schlechteste Lösung,
denn zwischen den meisten
Punkten wird es nur die Ver-
bindung auf den Katheten
eines rechtwinkligen Drei-
ecks, also die weitläufigste
und unsympathischste, ge-
ben. Außerdem macht man
noch keine Straße zur Ver-
kehrsstraße, indem man
sie so auf dem Straßenschild
bezeichnet. Der Verkehr
sucht sich immer den Weg,
talstadt dränge. So
entstand ein bau-
liches Gemisch, das
weite Schichten hin-
derte, die notwendig
werdende Trennung
von Wohn- und Ar-
beitsstätte vorzu-
nehmen, das den Ein-
zelnen zurückhielt,
sich innerlich zum
Großstadtmenschen
umzubilden, und so
manchen gleichgültig
machte gegen Ver-
kehrsentwicklungen,
die er jetzt als Last
empfinden muß. —
Die Durchführung
dieser Gliederung
ist in der Hauptsache
J. MARGOLD WIEN. Ornamentale Entwürfe.
der als kürzeste, be-
quemste und natür-
lichste Verbindung
zwischen den Haupt-
zentren erscheint.
Diesen Trieb zu ver-
gewaltigen, ist Fre-
vel. Der Straßenbau-
techniker sollte viel
mehr bedacht sein,
diese Tendenz kräf-
tig hervorzukehren.
An solchen Straßen-
zug reihen sich dann
die großenLäden, die
Geschäftsstadt bil-
det sich von selbst.
Die zweite Aufgabe
wäre es dann, von
hier aus Fühler nach
den einzelnen Be-
66
Das Bedürfnis war stärker
als die Reißbrettzeichnerei
des Städtemachers. Der zog
seine Straßen möglichst lang,
möglichst breit, möglichst
grade, schnitt seine Parzellen
bald schmal und tief, bald
breit und kurz. An Syste-
men und Systemchen fehlte
es wahrlich nicht, nur am
klaren Denken. Sonst
hätte man auch da längst
einsehen müssen, daß dieser
mächtige Stadtkörper nach
einer Scheidung des C ity-
kerns der Geschäfts-
stadt von den Arbeits-
bezirken, dem Wohn-
viertel und der reprä-
sentativen Monumen-
eine Verkehrsfrage. Be-
queme und natürliche Ver-
bindungen müssen geschaf-
fen werden. Das heute üb-
liche rechteckige Straßen-
netz mit den langen, schnur-
geraden Zügen ist so ziem-
lich die schlechteste Lösung,
denn zwischen den meisten
Punkten wird es nur die Ver-
bindung auf den Katheten
eines rechtwinkligen Drei-
ecks, also die weitläufigste
und unsympathischste, ge-
ben. Außerdem macht man
noch keine Straße zur Ver-
kehrsstraße, indem man
sie so auf dem Straßenschild
bezeichnet. Der Verkehr
sucht sich immer den Weg,
talstadt dränge. So
entstand ein bau-
liches Gemisch, das
weite Schichten hin-
derte, die notwendig
werdende Trennung
von Wohn- und Ar-
beitsstätte vorzu-
nehmen, das den Ein-
zelnen zurückhielt,
sich innerlich zum
Großstadtmenschen
umzubilden, und so
manchen gleichgültig
machte gegen Ver-
kehrsentwicklungen,
die er jetzt als Last
empfinden muß. —
Die Durchführung
dieser Gliederung
ist in der Hauptsache
J. MARGOLD WIEN. Ornamentale Entwürfe.
der als kürzeste, be-
quemste und natür-
lichste Verbindung
zwischen den Haupt-
zentren erscheint.
Diesen Trieb zu ver-
gewaltigen, ist Fre-
vel. Der Straßenbau-
techniker sollte viel
mehr bedacht sein,
diese Tendenz kräf-
tig hervorzukehren.
An solchen Straßen-
zug reihen sich dann
die großenLäden, die
Geschäftsstadt bil-
det sich von selbst.
Die zweite Aufgabe
wäre es dann, von
hier aus Fühler nach
den einzelnen Be-
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