J. R.WTTZEL-MÜNCHEN.
DKITK : VEREINIGTE
DRUCKEREIEN.
henogUIilhßlmstr.29,
EcheJosephspitalstr.
lüein Restaurant UolRsttiedter
Schönstes Weinlokal am Platte
Inhaber Paul Uogel. alter Reiseonkel::
DEUTSCHE PLAKAT-KUNST.
EINE BILANZ VON PAUL WESTHEIM.
Das deutsche Plakatgewerbe hat nun 15 Ent-
wicklungsjahre hinter sich. 1895 er-
schallte das Halali der Fischerschen „Alten
Stadt". Mit Recht wird man heute die Bilanz
fordern, wird man fragen, was die Strecke
denn eigentlich erbracht. Die Kunstmeute,
die so übereifrig gewesen, als die Affiche in
die Mode kam, ist verstummt. Nichts mehr
vom „Salon der Straße" (oh!). Nichts mehr
von der „Kunst fürs Volk am Trottoirrande"
(oh!). Allenfalls ein paar Sammeljünglinge be-
weihräuchern noch Affichengenies. Eine de-
korative Graphik großen Stils ist nicht
erstanden. Wir erwarteten Toulouse - Lau-
trecs, Beggarstaffs, Steinlens — und welches
war die Erfüllung?
Die Erfüllung war: anständige Raum-
aufteilung, breitflächige Darstellung
und Berücksichtigung einiger neuer
optischer Erkenntnisse. Der Kaufmann
kann damit zufrieden sein, denn das heutige
Schema ist unbedingt besser und dien-
licher als die vor 20 Jahren übliche
Schablone. Aber wir, wir mit den künst-
lerischen Erwartungen — —?
Wir mußten einsehen, daß eine machtvolle
innere Gesetzlichkeit sich nicht brechen
läßt. Der Plakatbesteller ist gleichgiltig gegen
jeglichen künstlerischen Wert. Er verlangt ein
Erwerbsmittel. Einen Schlager. Will Gassen-
schreier-Ideen verkörpert haben, einen mark-
losen Publikumsgeschmack kitzeln. Zwischen
der Ethik des Händlers und der des Künstlers
gähnt eine bis heute nicht überbrückte Kluft.
Es liegt ganz und gar nicht in dem Wesen der
Reklame, daß sie künstlerisch gemein sei. Sie
1910. IX. 7.
!?5
DKITK : VEREINIGTE
DRUCKEREIEN.
henogUIilhßlmstr.29,
EcheJosephspitalstr.
lüein Restaurant UolRsttiedter
Schönstes Weinlokal am Platte
Inhaber Paul Uogel. alter Reiseonkel::
DEUTSCHE PLAKAT-KUNST.
EINE BILANZ VON PAUL WESTHEIM.
Das deutsche Plakatgewerbe hat nun 15 Ent-
wicklungsjahre hinter sich. 1895 er-
schallte das Halali der Fischerschen „Alten
Stadt". Mit Recht wird man heute die Bilanz
fordern, wird man fragen, was die Strecke
denn eigentlich erbracht. Die Kunstmeute,
die so übereifrig gewesen, als die Affiche in
die Mode kam, ist verstummt. Nichts mehr
vom „Salon der Straße" (oh!). Nichts mehr
von der „Kunst fürs Volk am Trottoirrande"
(oh!). Allenfalls ein paar Sammeljünglinge be-
weihräuchern noch Affichengenies. Eine de-
korative Graphik großen Stils ist nicht
erstanden. Wir erwarteten Toulouse - Lau-
trecs, Beggarstaffs, Steinlens — und welches
war die Erfüllung?
Die Erfüllung war: anständige Raum-
aufteilung, breitflächige Darstellung
und Berücksichtigung einiger neuer
optischer Erkenntnisse. Der Kaufmann
kann damit zufrieden sein, denn das heutige
Schema ist unbedingt besser und dien-
licher als die vor 20 Jahren übliche
Schablone. Aber wir, wir mit den künst-
lerischen Erwartungen — —?
Wir mußten einsehen, daß eine machtvolle
innere Gesetzlichkeit sich nicht brechen
läßt. Der Plakatbesteller ist gleichgiltig gegen
jeglichen künstlerischen Wert. Er verlangt ein
Erwerbsmittel. Einen Schlager. Will Gassen-
schreier-Ideen verkörpert haben, einen mark-
losen Publikumsgeschmack kitzeln. Zwischen
der Ethik des Händlers und der des Künstlers
gähnt eine bis heute nicht überbrückte Kluft.
Es liegt ganz und gar nicht in dem Wesen der
Reklame, daß sie künstlerisch gemein sei. Sie
1910. IX. 7.
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