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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Spiro, Friedrich: Carl Max Rebel - Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0398

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CARL MAX REIiEL ROM.

Gemälde: »Bildnis Frau Isy R.«

CARL MAX REBEL-ROM.

Vom Stoffe bei einem Maler zu reden, ist
ein heikles Ding; es gibt Kreise, in denen
es für naiv gilt, über den Gegenstand eines
Bildes auch nur ein Wort zu verlieren. Es sind
im wesentlichen dieselben Kreise, die mit den
Hauptgattungen der Malerei als etwas Gegebe-
nem rechnen, das sich von selbst versteht;
Landschaft, Porträt, Historie spielen hier eine
ähnliche Rolle wie Lyrik, Drama, Epos in der
konventionellen Literaturgeschichte. Bei Rebel
versagt diese Ästhetik. Es ist unmöglich, bei
ihm nur auf das Wie und nicht auch auf das
Was zu schauen; ebenso unmöglich, ihn in
eine jener Kategorien einzuordnen. Die Rolle,
welche bei ihm das Leben der organischen
Natur spielt, ist vielleicht der Schlüssel zum
Verständnis seines Wesens, und doch wäre es
absurd, ihn schlechtweg als einen Landschafter
zu bezeichnen. Anderseits widmet er so man-
ches Bild einem einzelnen Menschenkinde,
das er mit energischer Durchführung festbannt;
aber niemand wird solche Gemälde lediglich
Porträts nennen. Vollends die großen Kom-

positionen, obenan derHymnos „An die Schön-
heit", zeigen, wie ruhig und sicher Rebel seine
Wege geht. Auch hier bietet sich von selbst
der Vergleich mit der Literatur: wie im dritten
vorchristlichen Jahrhundert ein großer Dichter
ein neues Genre schuf, ein eigenes „Eidos"
(die Griechen nannten es wegen seiner äuße-
ren Knappheit Eidyllion, woraus mit jener
Folge von Mißverständnissen, wie sie der
Zeitenlauf auch bei platonischer Liebe und
Epikurismus verschuldet hat, schließlich unser
Idyll geworden ist) — so schafft sich Rebel
sein eigenes Gebiet. Er soll gewiß nicht mit
Theokrit verglichen werden, schon weil dieser
sich gern im kleinen Rahmen hielt, während
Rebeis Geist nach monumentaler Größe ver-
langt; aber zu denken gibt es doch, daß der
feinsinnigste Schilderer der ägäischen Land-
schaft auch die lebendigsten Charakterköpfe
und die liebenswürdigsten Heroenszenen ge-
dichtet hat. Gerade im Stofflichen zeigen diese
vorgeblichen Epigonen ihre volle Selbständig-
keit. Wie ungern gibt die Mitwelt diese Selbst-

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