Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

DOI Artikel:
Kleine Kunst-Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0283

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KLEINE KUNST-NACHRICHTEN.

JUNI 1910.

DÜSSELDORF. Die Ausstellung von
Schüler-Arbeiten der kunstge-
werblichen Lehranstalten der Provin-
zen Rheinland, Westfalen und Hessen-
Nassau im Kunstgewerbe -Museum.
Diese Ausstellung ist aktuell. Wo der Raum als sol-
cher innerhalb einer Schulausstellung gefordert
wird, da tritt naturgemäß nur die eine oder einige
Klassen in den Vordergrund; die übrigen Klassen
sind Handlanger und Statisten. Demgegenüber
bietet die jerjige Ausstellung in Düsseldorf einen
großen Vorzug. Der Kampf um die Schule, der
namentlich im legten Jahre wieder sehr getobt
hat, machte es geradezu notwendig, die Schulen
mal wieder einen öffentlichen Rechenschaftsbericht
ablegen zu lassen. Er ist im großen ganzen
mehr als befriedigend ausgefallen, das neuge-
prägte Wort vom Werte der Qualitätsarbeit hat
auch hier Verwirklichung gefunden. Daß die in
neuzeitlichem Sinne geleiteten und arbeitenden
Kunstgewerbeschulen schon seit langem über
die alten Zeichen- und Modellierschulen hinaus-
gewachsen sind, das zeigte Dresden 1906 schon,
nicht aber die dem Leben sich nähernde Arbeit,
denn die Leistungen waren eben durchweg als
Ausstellungsobjekte entstanden. - Die knappe
Vorbereitung für Düsseldorf ließ das nicht zu;
die Schulen konnten nur Unterrichtsergebnisse
senden. So ist eine echte Schulausstellung zu-
stande gekommen. Beteiligt daran sind die
Schulen von Aachen, Barmen, Düsseldorf, Elber-
feld, Köln, Krefeld, Höhr, Hanau, Frankfurt a. M.,
Kassel, Solingen, Trier und Bielefeld. Treten
auch die ausgesprochenen Fachschulen, wie Höhr
mit ihren Töpfereien, Hanau mit ihren Edelmetall-
arbeiten und Solingen mit ihren Stahlwaren etwas
in den Vordergrund, so machen sich neben
ihnen doch auch jene Schulen beachtenswert
bemerkbar, in deren Unterrichtsplan die Werk-
stätten eine große Rolle spielen. Viele Schulen
sind nunmehr mit solchen ausgestattet, so
Aachen, Elberfeld, Köln und Krefeld mit solchen
für Kunstschlosserei und Metallarbeiten, Barmen,
Aachen und Krefeld mit solchen für Holzbear-
beitung, Elberfeld und Krefeld für Bucheinband,
Barmen und Krefeld für Lithographie. Steinbe-
arbeitung betreibt die Mehrzahl der Schulen;
obenan darin steht Düsseldorfs Schule mit ihren
mehr monumentalen Plastiken. In Eisenarbeiten,
Kupferarbeiten und Bucheinbänden hat Elberfeld
einen gewissen Vorsprung, in dessen etwas reich-

lich besetjter Abteilung man wohl mit am besten
einen ganzen Schulorganismus kennen lernen kann.
Sehr gut sind auch die Holzarbeiten von Barmen,
Krefeld und Aachen, die Plastiken von Köln, dann
wieder die lithographischen Arbeiten für Waren-
ausstattung von Barmen. Die Mehrzahl der
Schulen arbeitet in gutem Sinne modern; stil-
historisch in Raumkunst arbeitet auch Frankfurt
a. M. und Barmen. Der Akademie am nächsten
steht Düsseldorf, das auch mit seinen Entwürfen
der neueingerichteten Architekturabteilung weit
über den Rahmen der Kunstgewerbeschule hinaus-
ragt. Ihm verwandt ist Frankfurt a. M. mit seinen
Kleinplastiken, Bronzen und Edelmetallarbeiten.
Trier bemüht sich, den Aufgaben der keramischen
Industrie und dem Eisenguß seines Bezirks An-
regung und Fortschritt zu bringen. Bielefeld, das
noch zu kurze Zeit eine neue Schule besitjt, pflegt
besonders Kleinkunst und weibliche Handarbeiten.
Aber überall sieht man in Studien, Entwürfen und
ausgeführten Objekten das Bestreben, mehr als
bloße Schulleistungen zu zeitigen; es sind über-
wiegend Werte, die sofort in das praktische Leben
übergeleitet werden könnten. Somit verdient diese
Ausstellung wirklich das Interesse weitester Kreise;
sie bleibt bis zum 10. Juli geöffnet. Aus den seitens
des Herrn Ministers und Geheimrats Dönhoff ge-
haltenen Ansprachen bei der Eröffnungsfeier ging
hervor, daß die königliche preußische Staats-
regierung gewillt ist, den Kunstgewerbeschulen
nach wie vor eine gewisse Freiheit der Entwick-
lung zu lassen und sie auch fernerhin nicht nur
mit guten Ratschlägen zu unterstüßen, sondern
sie auch materiell zu fördern. Aber auch vor
einem Zuweitgehen in der Stellung von Aufgaben
und Zielen wurde gewarnt, denn die Pflege des
rein Künstlerischen sei nicht Aufgabe der Kunst-
gewerbeschulen. Künstler würden geboren, nicht
erzogen. karl Heinrich otto.

£

SCHAUFENSTER. Es ist ebenso erfreulich
wie komisch, das Tempo, mit dem in Berlin
Ideen sich durchzusehen pflegen. Vorausgesetjt,
daß sie überhaupt erst einmal Wurzel schlugen.
Zum Exempel sei auf die Reform des Schau-
fensters verwiesen. Es ist noch nicht lange her,
da begannen orientierte Kaufleute durch Wett-
bewerbe das Interesse ihrer Kollegen am Schau-
fenster zu wecken und zu mehren. Anfangs waren
die Versuche ziemlich dilettantisch; erst nach
und nach wurde auch für das Schaufenster eine

267
 
Annotationen