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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Koch, Alexander: In eigener Sache
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0154

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IN EIGENER SACHE.

Herr Geheimrat von Tschudi hat in seiner Entgegnung auf den Artikel von
Hermann Linde es als eine besonders befremdliche Handlungsweise
unsererseits bezeichnet, dafj wir ihm den Aufsatz nicht vor Drucklegung
zugänglich gemacht haben, um ihm die Möglichkeit einer Aufklärung zu geben.
Demgegenüber müssen wir aussprechen, dafj es uns allerdings bei der aus-
gezeichneten persönlichen Wertschätzung des Herrn von Tschudi, die wir
immer gehegt haben, und bei der vollen Anerkennung seines unschätzbaren
Wirkens an der Nationalgalerie nicht leicht geworden ist, in dieser prinzipiellen
Frage ihm entgegenzutreten. Andererseits aber schienen uns die Gründe von
so außerordentlichem Gewicht, dafj uns die Sache über die Person gehen
mußte; handelt es sich doch nicht etwa darum, ob es richtig ist, ein Bild von
Rubens von störenden Einschiebseln zu befreien, sondern darum, ob es der
Machtvollkommenheit eines Einzelnen oder einer Kommission
überlassen bleiben kann, jahrhundert-alten öffentlichen Besitz
nach persönlichem Geschmack zu verändern. Schon die alleinige Tat-
sache, dafj ein solcher Eingriff vorgenommen, bewies ein so diametrales
Auseinandergehen der Ansichten, dafj wir von einer weiteren persönlichen
Erörterung keine Verständigung 'erhoffen konnten. Die umfangreiche Beant-
wortung, die unsere Veröffentlichung von Seiten des Herrn v. Tschudi in den
„M. N. N." fand, hat uns hierin auch recht gegeben. Herr von Tschudi erklärt
sich darin zur Vornahme der gleichen Purifizierungen berechtigt, unter denen
noch vor 20 Jahren unsere Baudenkmäler so arg gelitten haben. Denn, ob
man ein Werk „stilgerecht" herstellt, oder ob man ein Bild nur so weit gelten
läßt, wie es von einem berühmtesten Meister selbst gemalt ist, kommt im
Erfolg um so mehr auf dasselbe heraus, als Irrtümer selbst bei so aus-
gezeichneten Kunstkennern wie Tschudi doch nicht völlig ausgeschlossen sind.

Wir sind und bleiben aber der Ansicht, dafj der Bestand unserer Denk-
mäler — und jedes anerkannte Bild einer Galerie ist ein solches — unter
allen Umständen irgendwelchen Eingriffen entzogen bleiben mufj.

Zwei Schnüre über das Bild gezogen, an den Stellen, wo jetzt die
Kniffe sind, würden Rubens von dem Pfuscher (?) genügend getrennt und
auch den Laien zu interessanten Vergleichen angeregt haben. Schließlich
hat doch auch die Öffentlichkeit noch etwas in Galerien zu suchen, und deren
Interessen wahrzunehmen hielten wir für eine zwar undankbare Aufgabe,
jedoch für eine unablehnbare Pflicht.

die schriftleitung der

darmstadt, 6. iv. io. DEUTSCHEN KUNST UND DEKORATION.

alexander koch.
 
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