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Fechter, Paul: Natur und Kunst
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0250
CARL MOLL—WIEN.
Gemälde: »Frühling«
NATUR UND KUNST.
VON PAUL FECHTER.
Wenn nicht alles täuscht, ist das in dieser
Wortverbindung gegebene Problem
wieder einmal das aktuellste unseres gegen-
wärtigen Kunstsuchens. Man könnte die Ent-
wicklung des ganzen letzten Menschenalters
seit 1870 etwa als einen immer wiederholten,
wenn auch meist mehr oder weniger un-
bewußt unternommenen Versuch ansehen,
zwischen diesen beiden Faktoren gewisser-
maßen ein Gleichgewichtsverhältnis zu finden,
die verwischt und unbestimmt gewordenen
Grenzen, die Wege herüber und hinüber neu
festzulegen und doch jedes Gebiet für sich
seiner besonderen Bearbeitung zu überlassen.
Der Naturalismus in seinen verschiedentlichen
Formen, die mannigfachen Gegenbewegungen,
der Neuromantik, der Stilversuche, des Sym-
bolismus und was die letzten Jahrzehnte sonst
noch gebracht haben, sind im Grunde Aus-
einandersetzungsversuche mit diesem Prob-
lem, die nur darum zu keiner rechten Klärung
führen konnten, weil Künstlern wie Betrach-
tenden im Verlauf des 19. Jahrhunderts die
Berührung mit logisch-begrifflichen Erörte-
rungen der Probleme ihres Tätigkeitsgebiets
und damit die Fähigkeit zu wirklich ernst-
haften Lösungsversuchen fast durchweg ver-
lorengegangen war.
Der unbefangene Betrachter, der vom Stand-
punkt eines naiven Realismus vor die Umwelt
tritt, wird zunächst wahrscheinlich überhaupt
keine Schwierigkeit zu sehen vermögen. Hier
236
Gemälde: »Frühling«
NATUR UND KUNST.
VON PAUL FECHTER.
Wenn nicht alles täuscht, ist das in dieser
Wortverbindung gegebene Problem
wieder einmal das aktuellste unseres gegen-
wärtigen Kunstsuchens. Man könnte die Ent-
wicklung des ganzen letzten Menschenalters
seit 1870 etwa als einen immer wiederholten,
wenn auch meist mehr oder weniger un-
bewußt unternommenen Versuch ansehen,
zwischen diesen beiden Faktoren gewisser-
maßen ein Gleichgewichtsverhältnis zu finden,
die verwischt und unbestimmt gewordenen
Grenzen, die Wege herüber und hinüber neu
festzulegen und doch jedes Gebiet für sich
seiner besonderen Bearbeitung zu überlassen.
Der Naturalismus in seinen verschiedentlichen
Formen, die mannigfachen Gegenbewegungen,
der Neuromantik, der Stilversuche, des Sym-
bolismus und was die letzten Jahrzehnte sonst
noch gebracht haben, sind im Grunde Aus-
einandersetzungsversuche mit diesem Prob-
lem, die nur darum zu keiner rechten Klärung
führen konnten, weil Künstlern wie Betrach-
tenden im Verlauf des 19. Jahrhunderts die
Berührung mit logisch-begrifflichen Erörte-
rungen der Probleme ihres Tätigkeitsgebiets
und damit die Fähigkeit zu wirklich ernst-
haften Lösungsversuchen fast durchweg ver-
lorengegangen war.
Der unbefangene Betrachter, der vom Stand-
punkt eines naiven Realismus vor die Umwelt
tritt, wird zunächst wahrscheinlich überhaupt
keine Schwierigkeit zu sehen vermögen. Hier
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