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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Fechter, Paul: Natur und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0260

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Natur und Kmist.

brachte. Es war der Weg, den die großen
Meister der Renaissance gegangen sind, und im
Norden Rembrandt — Menschen, deren innere
Erlebniskraft stark genug war, um sich selbst
ihren eigenen Ausdruck schon im Inhaltlichen
zu schaffen. Den zweiten Weg ist im wesent-
lichen die holländische Malerei gegangen.
Von den frühen Landschaften der Tres belles
Heures de Turin bis zu den reifen Werken des
17. Jahrhunderts hat der Realitätssinn der Hol-
länder das Verhältnis zwischen Kunst und Natur,
wie Fromentin glaube ich einmal sehr hübsch
sagte, rein auf das Porträtmäßige gestellt.

Und von hier aus hat sich dann im wesent-
lichen die heutige Form der Auffassung von
der Kunst als einer Nachahmung der Natur
hergeleitet. Man übersah, daß auch bei den

Holländern bei allem Respekt vor dem Objekt
das Ursprüngliche, Eigentliche, der Ausdrucks-
wille des Künstlers war, und machte schließ-
lich die Naturwahrheit, die banale Überein-
stimmung mit der „Wirklichkeit" zum Krite-
rium künstlerischer Vollendung. Die positi-
vistische Entwickelung des 19. Jahrhunderts
verstärkte die Verwirrung. Hier und da leuch-
tete wohl eine Ahnung des wirklichen Sach-
verhalts auf. Das ursprüngliche Kunstwollen
suchte nach Ausdruck, der geschwächte In-
stinkt aber vermochte das Sichtbarkeitserleb-
nis nicht mehr an sich zum Ausdruck zu
bringen: er griff zu naturphilosophisch oder
sonstwie durch kunstfremde Faktoren be-
lasteten Symbolen und geriet so aus einer
Sackgasse in die andere. — p. f.

arnold waldschmidt -charlottenhurg.

»Grabrelief«
 
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