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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Keßler, P. T.: Zum Ausbau der "Mathilden-Höhe" in Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0261

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ZUM AUSBAU DER „MATHILDEN-HÖHE" IN DARMSTADT.

Droben im Ernst-Ludwig-Haus, fern vom
Lärm des Tages, betätigt sich ein emsig
Künstlervölkchen. Neue und gediegene Ar-
beiten, die ein gründliches Studium, ein mu-
tiges Wollen, ein fleißiges Schaffen erforder-
ten, sind in den letzten Jahren in alle Welt
hinausgegangen, und um des hohen Protektors
Namen und um den seiner Residenz strahlt
ungetrübt die künstlerische Gloriole.

Nicht durch aus der Ferne schimmernde
fürstliche Gnade, sondern durch werktätige
und anregende Mitarbeit nimmt Großherzog
Ernst Ludwig teil an dem Wirken seiner
Künstlerschar. Oft verweilt er stundenlang
in ihren Werkstätten, bespricht Entwürfe und
Pläne bis in alle Einzelheiten und verfolgt
mit lebhaftem Interesse den Werdegang der
dort entstehenden Werke. Immer wieder
bringt seine Gegenwart Anregung zu Neuem.

Der Ausbau der Mathildenhöhe! Gegen-
über der städtischen Kunsthalle, einem der
letzten Werke Olbrichs, ruht brach eine Stätte,
die 1908 jenes großzügig gehaltene Ausstel-
lungsgebäude mit seinen prächtigen Hallen und
anmutigen Gärten trug und man empfindet
doppelt schmerzlich den Anblick, der sich
heute nach seinem Abbruch bietet. Kein
Wunder daher, daß gerade d er Künstler Pläne
zu einer Wiederbebauung der öden Fläche
faßte, dessen Geist auch jene erste Schöp-
fung gebar: Albin Müller.

Durch die damals allgemein gewürdigte, im-
posante Anlage jenes Gebäudezuges, seine
günstige Wechselwirkung zu dem hochstehen-
den Olbrich-Bau und den Gesamteindruck der
bebauten Fläche angeregt, keimte schon vor
zwei Jahren in dem Künstler die Idee, an
gleicher Stelle ein Werk von Dauer entstehen
zu sehen. Der Großherzog nahm den Plan mit
großem Interesse auf und förderte alle Ar-
beiten Albin Müllers in dieser Richtung. Des
Künstlers Bestreben ging dahin, ein Bau-
projekt zu bieten, mit dessen Verwirklichung
ein bedeutendes Stück künstlerischer Arbeit
auf dem Gebiet des Städtebaues zur Tat wür-
de. Was schon bei den Ausstellungs-Bauten
von 1908 anerkannt wurde, die Einpassung
der Architektur in das Gesamtbild, die vor-
treffliche Bewältigung aller Schwierigkeiten der
eigentümlichen Bodengestaltung, findet sich in
erhöhtem Maße bei dem Entwurf der neuen

Anlage. Eine Betrachtung der Pläne und Skiz-
zen, wie des nun fertiggestellten Modells, läßt
auch hier wieder Albin Müllers künstlerische
Eigenart erkennen. Was sich 1908 als prak-
tisch erwies, was 1908 ihn lehrte, das feiert
in neuer, kräftigerer Blüte seine fröhliche
Auferstehung.

Die ganze Anlage bringt eine Reihe zusam-
menhängender Wohnhäuser in vorteilhaftester
Aufteilung der Bauplätze, günstiger Gestal-
tung des Gesamtbildes, der Vorgärten, der
Höfe und Spielplätze. Fast im Halbkreis um
die städtische Kunsthalle längs des Olbrich-
Wegs sich hinziehend, zählt die Baugruppe
ca. 15 Einzelhäuser, von denen jedes seine
Eigenart trotz der Einbeziehung in ein ge-
meinsames Ganze bewahrt. An der südlichen
Zugangsstraße, dem Lukasweg, sind die dort
schon stehenden Häuser durch zwei pylonen-
artig gehaltene Bauten sozusagen aufgefan-
gen. Es wird so verhindert, daß die weniger
schöne Silhouette der Dachlinien und Giebel
der rechten Straßenseite die schlanken Linien
des Hochzeitsturmes überschneiden. Auf der
andren Seite leitet der Pylon den Häuserzug
am Lukasweg zur leichten Kurve um den
Olbrich-Bau über. So ist zugleich eine tor-
artige Ausgestaltung der Einmündungsstraße
zu dem neu geschaffenen intimen, sonnigen
Platz gefunden.

Wo nun der neue Gebäudezug näher an
die aufragende Kunsthalle herantritt, sind die
Wohnhäuser niedriger gehalten, um die Höhen-
wirkung des Turmes und des Ausstellungs-
gebäudes nicht zu beeinträchtigen. Auf den
tieferen Grundstücken treten die Bauten mehr
zurück und ragen um ein Stockwerk über die
Umgebung hinaus. Eine Überhöhung der Dach-
linie verstärkt noch mehr den Eindruck. Zu-
gleich werden dadurch aber auch die an der
Südostseite gelegenen Wirtschafts- und Fabrik-
gebäude verdeckt.

Interessant ist, wie der Künstler das am
östlichen Straßenzug um fast 10 Meter ab-
fallende Terrain meistert und welch wirkungs-
volles Straßenbild sich dem Auge hier bietet.
Ruhig fließen die verschiedenen Höhenlagen
der Dachfirste und Stockwerke dahin; trotz
der verschiedenen, bedingten Abstufungen der
letzteren ein einheitliches Ineinandergehen.

Das gleiche gilt von den Gartenabschlüssen
 
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