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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Fischer, Eugen Kurt: Gustav Schaffer
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0284

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Gustav Schaff er.

GUSTAV SCHAFFER.

i> WERDEN UND VERGEHEN«

liebsten Körpergestaltung in einem solchen
Maße, das der Widerschein des Lebens er-
loschen schien in den zeitlosen, unerbittlichen,
wie holzgeschnitzten und steingemeißelten Zü-
gen. Immer wieder holte sich der Maler, dessen
Farbensinn sekundär ist, aber zu psychologisch
ebenso interessanten wie ästhetisch umstreit-
baren Ergebnissen führt, vom Holzschnitt und
von der Zeichnung — hierin typischer Deutscher
— Anregung, und manches Porträt ist im aus-
geführten Gemälde minder vollkommen geraten
als in der runenreichen Rötel- oder Kohlen-
studie, die eindeutig linear behandelt, am
meisten Kraft und Charakter zeigt. Die starre
Malweise konnte Schaffer auf die Dauer nicht
befriedigen. Die Erkenntnis mußte kommen,
daß das Erlebnis des menschlichen Antlitzes
dem heutigen Menschen keine geologische, son-

dern eine seelische Angelegenheit sei. Nicht als
ob die Menschen der Schafferschen Bildnisse
der ersten Nachkriegszeit keine Seele hätten:
nur, sie ist gefroren, erstarrt unter der altmeister-
lichen Kruste, ohne Regung, unerbittlich wan-
dellos. Da kommt die Reaktion. Zunächst blei-
ben eine Reihe von Voraussetzungen bestehen:
das unmalerische Kolorit — viel Schwarz, fahles
Gelb und totes Grün — bleibt, die Farbklänge
des Eros schweigen weiter. Auch bleibt das
menschliche Antlitz der kindheitlichen Erinne-
rungswelt: das verwittert-fahle Gesicht über
schwarz-verhülltem Körper — der Vater war
Berg Werksbeamter —, aber der Raum weitet
sich nun zur Landschaft frühester Träume und
neben festgefügten dürer- und altdorferlichen
Hügel- und Waldgebilden tauchen lichte Visi-
onen auf von einer Durchsichtigkeit, die der
 
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