CLAIRE SELMAIR—MÜNCHEN. WACHSPUPPE »MADONNA MIT KINDc
WACHSFIGUREN VON CLAIRE SELMAIR.
Tm klassischen Viertel Münchens, da wo die
JL alten Kastanien das Rund des Obelisk um-
säumen: eine Art Puppenheim. In einigen klei-
nen Räumen von unverkennbarem Empire, an-
gefüllt mit dem warmen Hausrat aller Epochen,
die eine liebevolle Hand zu einem harmonischen
Durcheinander gezwungen, schaff t Ciaire Selmair
ihr Werk. In Kisten und Truhen, ordentlich ver-
wahrt und fast registriert, liegt der Fundus ver-
staut, der zu diesem Miniaturschaffen in einem
Ausmaße nötig ist, von dem sich der Nicht-
kenner kein Bild macht: Wachs in fünfzigfach
abgestuftenFarben, selbst mit unsäglicher Mühe
hergestellt, Drähte und Eisen für die Gerippe,
Sockel für den Aufbau, Perlen, Kettchen, Federn
und Samte und Seide, Brokate und Tülle,
Spitzen, Pelze und Leinen, Knöpfe und Borten.
Doch dies ist nur der äußerliche Apparat,
der den Unberufenen unweigerlich dem krassen
Dilettantismus in die Arme treiben würde. Hier
ist er nur Mittel zum Zweck, dem Zweck, einer
Idee zu dienen, die in letzter Linie mehr fast
der Plastik im reinsten Sinne verwandt ist, als
dem Kunstgewerbe. — Die wenigen Ausschnitte
aus dem Schaffen Ciaire Selmair's, die hier ge-
bracht werden konnten, geben, auch ohne den
Reiz der Farben, die von der hauchähnlichen
Tönung des Wachses übergehen in die stärkeren
Akzente des Materials, der Bekleidung und
Drapierung, einen Begriff von dem eminenten
Reiz, den diese Figuren ausgeben, die trotz
ihrer Kleinheit bis ins einzelnste in Stil und
Bewegtheit mit dem jeweils angeschlagenen
Thema wundervoll übereinstimmen.
Vom Porzellan, mit dem genrehaften Anklang,
wie es die in nicht gutem Sinne kunstgewerb-
liche Ausbeutung verlangte, hat Ciaire Selmair
sich auf diesen Weg gefunden — es ist Anfang,
und scheinbar noch lange nicht das Ende ihrer
Möglichkeiten............Ferdinand Götz.
XXVI. Antust 1923. 7»
WACHSFIGUREN VON CLAIRE SELMAIR.
Tm klassischen Viertel Münchens, da wo die
JL alten Kastanien das Rund des Obelisk um-
säumen: eine Art Puppenheim. In einigen klei-
nen Räumen von unverkennbarem Empire, an-
gefüllt mit dem warmen Hausrat aller Epochen,
die eine liebevolle Hand zu einem harmonischen
Durcheinander gezwungen, schaff t Ciaire Selmair
ihr Werk. In Kisten und Truhen, ordentlich ver-
wahrt und fast registriert, liegt der Fundus ver-
staut, der zu diesem Miniaturschaffen in einem
Ausmaße nötig ist, von dem sich der Nicht-
kenner kein Bild macht: Wachs in fünfzigfach
abgestuftenFarben, selbst mit unsäglicher Mühe
hergestellt, Drähte und Eisen für die Gerippe,
Sockel für den Aufbau, Perlen, Kettchen, Federn
und Samte und Seide, Brokate und Tülle,
Spitzen, Pelze und Leinen, Knöpfe und Borten.
Doch dies ist nur der äußerliche Apparat,
der den Unberufenen unweigerlich dem krassen
Dilettantismus in die Arme treiben würde. Hier
ist er nur Mittel zum Zweck, dem Zweck, einer
Idee zu dienen, die in letzter Linie mehr fast
der Plastik im reinsten Sinne verwandt ist, als
dem Kunstgewerbe. — Die wenigen Ausschnitte
aus dem Schaffen Ciaire Selmair's, die hier ge-
bracht werden konnten, geben, auch ohne den
Reiz der Farben, die von der hauchähnlichen
Tönung des Wachses übergehen in die stärkeren
Akzente des Materials, der Bekleidung und
Drapierung, einen Begriff von dem eminenten
Reiz, den diese Figuren ausgeben, die trotz
ihrer Kleinheit bis ins einzelnste in Stil und
Bewegtheit mit dem jeweils angeschlagenen
Thema wundervoll übereinstimmen.
Vom Porzellan, mit dem genrehaften Anklang,
wie es die in nicht gutem Sinne kunstgewerb-
liche Ausbeutung verlangte, hat Ciaire Selmair
sich auf diesen Weg gefunden — es ist Anfang,
und scheinbar noch lange nicht das Ende ihrer
Möglichkeiten............Ferdinand Götz.
XXVI. Antust 1923. 7»