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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Jaumann, Anton: Artur Helbig's Lampen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0366

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Artur Heibig's Lampen.

ARTUR HELBIG—BERLIN.

»LEUCHTER-KRONE« MESSING.

Die geistige Akrobatik, die diese letzten Ismen
voraussetzen, wird mit Leichtigkeit geleistet.
Denn sie sind begabt, diese Jungen, unheimlich
begabt. Ein Glück, daß hinter ihnen der große
Zuchtmeister steht, der sie auf die Erde zwingt.
Das Handwerk ist ihre Rettung.

Auch der Expressionismus hatte in den jun-
gen Gehirnen seine Wellen geschlagen. Man
hat mit Blitzen und Zacken gearbeitet und mit
den spitzovalen Blättern, die nun mal dazu ge-
hören. Aber der klugen Führung gelang es
doch, den expressionistischen Jugendstil fern-
zuhalten. Und man ist auch selbst sehr kritisch!
Das hat aber nicht den Kotau vor Afrika und
Mexiko verhindern können. Was hat ein Ber-
liner Bildhauerlehrling mit Negermasken zu tun?
0, sehr viel. Sie sind seine Bibel. Es wurde
chick, auf Negerstil zu studieren, wie Nigger-
tänze zu tanzen. Noch stärker beinahe war das
Echo, das die Ausgrabungen mexikanischer
Vorzeit in der Prinz Albrechtsstraße fanden.
Immerhin gab es einige Nachdenkliche, wie Gies,
die auf das Persönliche nicht ganz verzichten,
die die primitive Form ins Geistige steigern
wollten. Andere aber kamen über die etnolo-

gische Weltreise zu einer eigenen Auffassung
des Handwerks, das ihnen in der primitiven
Urform am reinsten und am kräftigsten erschien.
In der Keramik der Kulemann und Konsorten
sehen wir dieses Urtümliche, das so starke Reize
hat. Die Kulemann geht z. B. soweit, ihre
Töpfe nicht zu drehen, sie knetet sie. Die Er-
findung der Töpferscheibe — in der späteren
Eiszeit — gilt ihr als moderne Errungenschaft,
die den Adel des Tons verwischt. Die Quali-
tätsschmecker unserer Salons berühren sich
hier mit der paradiesischen Roheit ältester
Menschheitsstufen.

Andere von unserm Bildhauernachwuchs
knüpften am ungefügen Volkshandwerk an oder
sie schlugen kühne Brücken von der Latenezeit
zur erstarrten Grazie spanischer Prunksäle.

Man darf sich nicht vorstellen, daß diese
Jugend schwer stöhnt unter der Last der Tra-
ditionen. Sie spielen Ball mit den Jahrhunder-
ten, mit den Stilen, mit den Überzeugungen.
Sie lernen — ohne Pietät. Sie kämpfen — ohne
zu glauben. Sie sind kühn — aus Wurschtig-
keit. In der Großen Berliner Ausstellung haben
sie sich jetzt neben der Novembergruppe ange-
 
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