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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Jaumann, Anton: Artur Helbig's Lampen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0371

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Arlur Heibig's Lampen.

siedelt. Die einen verbrennen sich in Proble-
men, die andern drechseln aus dem „Sturm"
der Malerjugend reifes, raffiniertes Kunstge-
werbe. Mit Sicherheit ist vorauszusagen, daß
in ein, zwei Jahren diese fabelhaften Begabungen
auch den Kubismus, den Konstruktionismus
usw. salonfähig umgebogen haben werden.

Artur Heibig ringt um die Synthese. Ringt
ist zuviel gesagt. Er setzt sie glatt hin. Das
Indianische, Biedermeierliche, Expressionisti-
sche, wer will die Rassenmischung definieren?
Doch das alles teilt er mit den andern. Eigen
scheint mir sein Verhältnis zum Handwerk. Er
geht nicht den Weg, daß er Formen aufstellt
und sie in der passendsten Technik wieder-
geben läßt. Die Technik des Handwerks liefert
ihm umgekehrt die Urformen und diese ver-
arbeitet er, richtiger, er setzt sie zusammen.
Typisch ist schon die erste Ständerlampe. Man
kann die Teile numerieren: Der gewundene
Stamm, der Teller, die gebogenen Füße. Jede
Partie war vorher vorhanden, mit ihrem alten
handwerklichen Namen. Bei den Modellen, die
zum Abdrehen bestimmt sind, hast du deutlich
die Kugeln, Zylinder, Kegel. Die menschliche
Figur wird erklärt als Zylinderrumpf, der auf
Röhren steht. Obenauf eine Kugel. „Das Pferd
hat einen walzenförmigen Rumpf usw." wie
wirs aus der Schule kennen.............

Bei den großen Leuchter-Kronen wird die
wünschenswerte Fülle, das Volumen erreicht
durch handwerklichen Reichtum, der sich in
vielfältiger Art äußert, durch die Einführung
von Bändern, Tellern, Vasen, Buckeln. Alles
ist säuberlich getrennt. Wie in der Werkstatt.
Jeder Geselle macht sein Teil. Was so ent-
steht, sind nicht Einheiten aus einem Linienfluß,
nicht Architekturstücke. Eher genossenschaft-
liche Erzeugnisse, wo der Gießer, der Dreher,
der Schmied, jeder mit einem charakteristischen
Stück vertreten sind. Der einheitliche Hand-
werkergeist hält alles zusammen.

Aber letzten Endes wird dochauch das Hand-
werk artistisch genommen. Die gestückte Ein-
heit ist ein Reiz, wie die plumpe Zierlichkeit,
und die entliehene, mit Kabarettgeist versetzte

Naivität............ anton jaumann.

£

Der echte, der große Künstler, dem es im
Innersten glüht, der einfach nicht anders
kann, der ringt sich zu der Gewißheit durch, daß
die eigene Kunst das eigene Leben ist. Er lebt
sie, lebt ihr, nicht Lohn von außen erwartend,
sondern den Lohn in ihr selbst schon empfan-
gend. Im Übrigen: Arbeit ist alles, und wem
die Arbeit Lebensgenuß geworden, der leistet's,
ein Lebensverdiener und Lebensverschönerer
zu sein................... ernst zahn.

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