Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

DOI Artikel:
Ankwicz-Kleehoven, Hans: Ausstellung von Arbeiten des Modernen österreichischen Kunsthandwerks Wien 1923
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0034

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ausstellung des österr. Kunsthandwerks Wien rg2j.

such alpenländischer Glaserzeugung alle Aner-
kennung verdienten. Hübsche Emailmalereien
brachten Maria Cyrenius (Salzburg), Mitzi
Otten-Friedmann.Hugo und Sophie Noske,
originelle Goldradierungen Maria Jungwirth
(Feldbach). Die Metallwarenfabrik J. C. Klin-
kosch hatte gediegenes Silbergerät, ddrunter
Service nach Entwürfen der Professoren K.
Witzmann und Otto Prutscher, die Erz-
gießerei- und Metallwarenfabrik A.-G.
verschiedene Bronzegegenstände ausgestellt.

Im Textilfache herrschte diesmal nicht der
gewohnte Überfluß an Täschchen, Polstern,
Jumpern u dergl., doch sah man allerlei Ge-
schmackvolles aus der Wiener Werkstätte,
sowie aus den Ateliers Gisela Jäger-Stein,
Emma Vieriinger, Valerie Petter, Grete
Quittner, Melanie Mück, der I. Wiener
Teppichwebschule, und als besondere At-
traktion einen nach einem Karton des Malers
Robin C. Andersen von der Wiener Gobe-
lin-Manufaktur A.-G. in neunmonatiger Ar-
beit angefertigten dekorativen Wirkteppich mit
„Reihern am Wasser", mit dem die fast schon
totgesagte Bildwirkerkunst aufs neue ihre Le-
bensfähigkeit erwies.

Von der allgemeinen Abteilung zu den Einzel-
interieurs übergehend gelangte man aus der
friedvollen Atmosphäre der vornehmlich dem
Veredelungsprozesse gewidmeten Werkstätten-
arbeit in den Bereich der ganz verschiedenen
Richtungen anhängenden, in ihren Prinzipien
darum einander oft sehr widerstreitenden Künst-
lerindividualitäten. Bereits der vom Architekten
Prof. Ernst Lichtblau durchwegs mit Möbeln
und Geräten eigener Erfindung eingerichtete
Raum III (Ernst Lichtblaus Werkstätte
G.m.b.H.) trug eine ausgesprochen persönliche
Note. Zwar überwog bei vielen der hier vor-
geführten Dinge der Funktionswert den ästhe-
tischen Wert, doch lag den meisten dieser
Schöpfungen wiez.B. dem „Servierwagen" oder
dem „Bowlentisch" ein so guter praktischer
Einfall zugrunde, daß man diese „Zweckformen"
gern akzeptierte, umsomehr als ihre technische
Ausführung nichts zu wünschen übrig ließ. Arch.
Fritz Zeymers, mit dem Intellektualismus
des Lichtblau-Raumes lebhaft kontrastierendes
Wohnzimmer (Ausführung M. Niedermoser u.
Sohn) leitete sodann zu Arch. Wilhelm J o n a s c h'
von Joh. Jonasch ausgeführtem Speisezimmer
aus poliertem Kirschholz über, das Hilde J e s s er
durch graziöse Wandbemalung in einen ent-
zückenden Gartensalon verwandelt hatte. Die
helle, freundliche Stimmung dieses Raumes
setzte sich in Arch. Franz Kuhns gemütlicher
„Frühstückstube" fort, deren Einrichtung die

Firma Rudolf Machalek & Co. beigestellt hatte,
während die sehr vorteilhaft wirkenden Polster-
bezüge aus farbigem Bastgeflecht von Annie
Weill stammten; der folgende nach Entwürfen
des Prof. Dr. Joseph Frank von Anton Pospi-
schil ausgeführte Salon strebte in seinem
distinguierten Mobiliar (Möbelbezüge von der
Wiener Gobelinmanufaktur-A.-G.) sowie den
figuralen Wandgemälden Oswald Haerdtls
nach einem gewissen Ernst, der allerdings sofort
in die Stimmung froher Festlichkeit umschlug,
wenn man den nebenliegenden, in hellstes Rot
getauchten Hauptraum der Pecbe-Ausstellung
betrat. Es ist einer Sonderpublikation in die-
sen Blättern vorbehalten, den überwältigenden
Reichtum an dekorativer Phantasie zu würdigen,
der sich in den hier ausgestellten reizvollen
Studienblättern, aber auch in den zahlreichen
kunstgewerblichen Arbeiten Peches offenbarte,
denen die „Wiener Werkstätte" stets die denk-
bar sorgfältigste Ausführung angedeihen ließ.
Die herrlichen Goldschmiedearbeiten, geschnitz-
ten und vergoldeten Spiegelrahmen, Lampen,
Lüster, Keramiken, Tapeten, Spitzen und Slik-
kerei-Entwürfe Peches werden zweifellos zu
allen Zeiten den edelsten Blüten zugezählt wer-
den müssen, die das österreichische Kunsthand-
werk jemals hervorgebracht hat.

Im Gegensatz zur buntbewegten Welt Dago-
bert Peches *) umfing den Besucher in dem an
den zweiten Pecheraum angrenzenden „Ruhe-
raum" Prof. Dr. Josef Hoffmanns die be-
schauliche Stille völliger Weltabgeschiedrnheit.
Kein Bild, keine Verzierung beeinträchtigte den
matten Glanz der von August Ungethüm mit
äußerster Präzision gezimmerten Nußholz wände,
nur der Nischenausschnitt sowie die Tür eines
Wandkastens waren ganz sparsam mit einem an
chinesische Motive erinnernden Stabornament
versehen, das auch die Füße des auf schlichteste
Form gebrachten Tisches verband. Im Nischen-
raum freilich ging es lebhafter zu: dort hatte
Maria Strauß-Likarz (Wiener Werkstätte)
die Flächen der in die Wand eingebauten, für
allerlei Frauentand bestimmten Schränkchen mit
einer Fülle charmanter Malereien im Intarsien-
stil überzogen, dem Bedürfnis der Herrin dieses
Raums nach farbiger Zier aufs geistreichste
Rechnung tragend.

Es war in des Wortes wahrster Bedeutung
ein „Edelraum", den uns Josef Hoff mann hier
geschenkt hatte; allerdings mußte man Sinn für
maßvolle Verhältnisse, Verständnis für den Reiz
des Materials und eine gereifte Auffassung von

*) Eine Schilderung des Lebensganges Peches gab der
Verfasser im Ausstellungs-Katalog (Verlag A.Schroll,Wien),
dem auch die Abb. S. 51-58 dieses Heftes entstammen, schr.
 
Annotationen