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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Ankwicz-Kleehoven, Hans: Ausstellung von Arbeiten des Modernen österreichischen Kunsthandwerks Wien 1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0033

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AUSSTELLUNG VON ARBEITEN DES MODERNEN ÖSTERREICHISCHEN
KUNSTHANDWERKS WIEN 1923.

VON DR. HANS ANKWICZ.

Ein so köstliches Gut wie die österreichische
Edelarbeit bedarf, um zu voller Geltung
zu kommen, stets auch eines erlesenen Rah-
mens. Im Sinne dieser Erkenntnis hat die Direk-
tion des österreichischen Museums für Kunst
und Industrie, mochte ihr nun die Veranstaltung
einer Ausstellung im eigenen Hause oder die
Organisierung einer repräsentativen Vertretung
heimischen Kunstgewerbes im Ausland ob-
igen, jederzeit auf eine künstlerische Raum-
gestaltung das größte Gewicht gelegt, und so
sind die ungewöhnlichen Erfolge, die Österreich
erst kürzlich wieder auf der „Deutschen Ge-
werbeschau München 1922" erzielte, gewiß
nicht in letzter Linie auch dem Umstände zu-
zuschreiben, daß man den hochwertigen Er-
zeugnissen der Wiener Werkkunst in Prof. Dr.
Strnads „Österreichischem Edelraum" eine so
überaus wirksame Folie gegeben hatte. Auch
in der in den Monaten September bis Dezember
1923 im Österreichischen Museum veranstalte-
ten Ausstellung von Arbeiten des mo-
dernen österreichischen Kunsthand-
werks wurde an dieser bewährten Tradition
weitgehendster ausstellungstechnischer Sorg-
falt festgehalten, und in Prof. Karl Witzmann
neuerlich jener so oft erprobte Ausstellungs-
fachmann gewonnen, der es wie kein Zwei-
ter versteht, ungleichartige künstlerischen Ele-
mente unter Wahrung ihrer Individualitäten zu
einer höheren Einheit zu verbinden. Im vor-
liegenden Falle erwuchs ihm überdies noch die
Aufgabe, eine von der „Wiener Werkstätte"
namens der „Gesellschaft zur Förderung
moderner Kunst in Wien" arrangierte Ge-
dächtnis-Ausstellung für den am 16. April 1923
gestorbenen Architekten Dagobert Peche dem
Gesamtbilde einzufügen, eine ziemlich heikle
Sache, da Peches eigenwillig-bizarre Kunst von
vorneherein eine gewisse Ausnahmsstellung er-
forderte. Allein durch eine geschickte Anord-
nung der Räume wußte Prof. Witzmann aller
Schwierigkeiten Herr zu werden und bis zu den
in die Mitte der Interieur-Reihe verlegten Peche-
Zimmern ein allmählich sich steigerndes Cres-
cendo der Wirkung zu schaffen, dem dann kein
Decrescendo folgte, weil auch die hernach ein-
geteilten Räume Prof. Josef Hoffmanns, der
»WienerWerkstätte" und Prof. Peter Behrens'
durchaus geeignet waren, das Interesse des
Publikums aufs stärkste zu fesseln und bis zu-

letzt wach zu erhalten. Eine bemerkenswerte
Leistung moderner Ausstellungsregie bildete
nicht minder der dem allgemeinen Kunstge-
werbe gewidmete große Mittelsaal, den die
Assistentin Prof. Witzmanns, Hilde Jesser, mit
anmutigen,in Wasserfarben ausgeführten Wand-
malereien geschmückt hatte, die mit ihren duf-
tigen hellgelben Schein-Vorhängen und dem
von allerhand niedlichem Getier belebten Ran-
kenwerk dem ganzen Raum ein sommerlich-
heiteres Gepräge verliehen. In den frei oder
in Nischen aufgestellten Vitrinen lockte —
gleichwie in zwei anstoßenden kleineren Räu-
men — eine bunte Fülle kunstgewerblicher
Klein- und Feinarbeit zu eingehender Betrach-
tung. Da gab es zierliches Geschmeide (zum
Teil nach Peche-Entwürfen) von Oskar Diet-
rich und Anton H e 1 d w e i n, Perlmutterarbeiten
von Karl Krehan, Emaildosen und Bonbon-
nieren von Rudolf Souval, Treibarbeiten und
einen wundervoll geschnitzten Elfenbeinfächer
von Karl Hagenauer, feine handvergoldete
Ledertäschchen von Wilhelm Melzer (Entwürfe
von Maler L. Gabor), vorzügliche Buchein-
bände von Albert Günther und hochmoderne
Briefpapiere der Gesellschaft für graphi-
sche Industrie.

Die Keramik war durch zwei meisterliche
Tierplastiken Prof. Michael Powolny's, Figu-
ren und Gefäße aus den keramischen Werk-
stätten Hertha Bucher, Vally Wieselthier,
Dina Kuhn, Hedwig Schmidl, E. Klablena
(Langenzersdorf), Edith Hirschhorn, Schleiß-
Schule (Gmunden), Professor Hans Adametz
(Graz), die Tonwarenindustrie durch präch-
tige Öfen der Gmundener keramischen
Werkstätten A.-G. und der Fabrik Rudolf-
Sommerhuber (Steyr) vertreten, für welch
letztere Hertha Bucher die Entwürfe geliefert
hatte. Vollendetes wie immer bot die Firma
J. & L. Lobmeyr in ihren vielfach nach Ent-
würfen der Professoren Josef Hoffmann, Os-
kar Strnad und Michael Powolny hergestell-
ten, durch Adel der Form wie des Materials
gleich ausgezeichneten Luxusgläsern, denen sich
in einer zweiten Vitrine von Karl Massanetz
geätzte Kelche und die von Lotte Fink bemal-
ten Emailgläser anreihten. Eine Neuerschei-
nung bedeuteten die Fabrikate der jüngst ge-
gründeten Tiroler Glashütte H. Groll, Dr.
Zwieauer (Kramsach), die als erneuter Ver-

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