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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Servaes, Franz: Neue Arbeiten von Marie Elisabeth Fränkel
DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Der Gegenstand in der Malerei, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0234

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Neue Arbeilen von Marie Elisabeth Fränkel.

sind, und daß sie den dekorativen Zweck, zu
dem sie bestimmt sind, in deckender Weise
erfüllen. Die Künstlerin bat hierdurch den Be-
fähigungsnachweis erbracht, an Aufgaben dieser
und ähnlicher Art auch weiterhin mitzuwirken.
Man wird insbesondere unter weiblichen Pla-
stikerinnen nicht leicht Eine finden, die sich
mit solchem Grade der Einfühlung in das zu-
nächst wohl fremdartige Gebot einer architek-
tonischen Umrahmung einfügt; und die hierbei
soviel Anmut der Form als ansprechende Er-
findsamkeit bekundet.

An kleineren Arbeiten dekorativ-kunstge-
werblichen Charakters hat sich Marie Elisabeth
Fränkel die Fähigkeit erworben, solch größeren
Ansprüchen zu genügen. Schon Osborn hat
erzählt, wie die Künstlerin in Oberammergau
das Holzschnitzen geübt und sich in die einfältig-
altertümliche Formensprache dieser altüber-
lieferten Technik eingearbeitet hat. Sie ist
dieser Übung auch weiterhin treu geblieben, mit
dem Unterschiede jedoch, daß sie die 12— 15 cm
hohen Figürchen, die sie in Holz schnitzt, für
spätere Bronzeausführung
sich gedacht hat. Mit dem
sicheren Stilgefühl, das un-
sere Künstlerin auszeichnet,
hat sie in dieser archaisti-
schen Formgebung den Cha-
rakter zierlicher Miniatur-
figuren zu wahren verstan-
den. Nicht ohne einen leisen
Humor, doch mit anspre-
chender fraulicher Innigkeit
sind diese Figürchen gestal-
tet: der Violinspieler, der
Professor, der Schilfer und
verschiedene Vertreterinnen
weiblicher Betätigungen, da-
runter die Tänzerin, mit flü-
gelartig flatterndem Gewän-
de, besonders reizvoll. Sie
wirken, mit ihren dicken
Köpfen und dünnen Beinen,
wie ein belustigendes Zwer-
genvolk, in dem menschliche
Charaktere sich typisch wie-
derholen und auf eine zum
Teil schärfere Formulierung
gebracht sind. — Eine rein
kunstgewerbliche Arbeit ist,
äußerlich betrachtet, der als
Jubiläumsgabe für einen In-
dustriellen gedachte Bronze-
Teller (Durchmesser 25 cm).
Doch ist in der Durchbil-
dung desMittelreliefgrundes

MARIE ELISABETH FRANKEL BERL]

die Hand einer echten Künstlerin sehr zu spüren.
Wie hier der prosaische Vorgang einer Metall-
schweißung, mit seinen maschinellen Instrumen-
ten und Hantierungen, in eine zwar abgekürzte
aber deutlich erkennbare Formwiedergabe ge-
bracht ist, das ist nicht alltäglich. Hierfür
knappsten Raum und in stilistischer Gebunden-
heit eine Lösung zu finden, war schwerer, als
man glaubt, und grade darin zeigt Marie Elisa-
beth Fränkel mit besonderer Evidenz, was man
von ihr erwarten darf.....dr. franz servaes.

£

DER GEGENSTAND IN DER MALEREI.
v.Cs!Li96.) Hier tritt, wie man sieht, das Kunst-
werk ganz un verhüllt als M i 11 e i 1 u n g landschaft-
licher Gegenständlichkeit auf, und man erwartet
von ihm, daß es die Natur in ihrer Wirkung auf
den Menschen geradezu ersetzt. Aber das Tiefe
dieser anscheinend so oberflächlichen Auffas-
sung liegt darin, daß die rein ästhetischen Werte,
denen der moderne Europäer als seinem be-
wußten, isolierten Ziel nachgeht, hier stillschwei-
gend vorausgesetzt werden und daß man aus
einemsicheren,menschlichen
Wissen darauf vertraut, sie
würden um so zuverlässiger
ins Kunstwerk einströmen,
je weniger sie bewußt ge-
sucht werden, je gerader und
ausschließlicher sich das In-
teresse des Künstlers auf
den Gegenstand richtet. Wir
Heutigen wissen zwar Be-
scheid um das Irrationale des
Kunstwerks. Die richtigere
Folgerung aber haben jene
starken alten Kunstzeiten
gezogen, die wußten, daß
das Irrationale um so siche-
rer ins Menschenwerk tritt,
je mehr es durch das kräf-
tige Interesse am Gegen-
stand geschont und unter
günstigeLebensbedingungen
gestellt wird. — Im übrigen
müssen wir natürlich in die-
ser wie in jeder andern Frage
das Schicksal unsrer Zeit
und unsres Geistesklimas
erfüllen. Aber wenn, wie es
hier geschieht, solche Einzel-
fragen neu bedacht werden,
so unter dem ist das nie ein
bloßes historischesFernweh,
sondern immer ein Anzei-
chen, daß sich Ewiges wieder
aktualisieren will. w. michel.

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