Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

DOI Artikel:
Winkler, Hugo: Ernst Lichtblaus Werkstätte, Wien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0121

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1

PROF. ERNST LICHTBLAU—WIEN.

»ELEKTKISCHK HAN 1 >LAMI'EN«

ERNST LICHTBLAUS WERKSTÄTTE, WIEN.

VON DOZENT DR. HUGO WINKLER.

Dem künstlerischen Sehnen, die Unendlich-
keit im Endlichen zu fassen, entsteigt
das architektonische Mysterium des Domes, in
seiner Andacht einflößenden Macht eine erha-
bene Zweckbestimmung erfüllend: Wogen des
Schmerzes zu glätten, aber auch Seelenstürme
zu entfesseln, wenn es der heimatlichen Scholle
Rettung gilt. Meisterer des Raumes haben sie
hingestellt, diese unübersehbaren Wahrzeichen
des Glaubens, diese Riesenmagnete kultureller
Erhebung, religiöser Spannung und Sammlung.
Staubgeborne Ebenbilder des Himmels sind sie,
mit ihren luftigen Säulen, Kuppeln, aufgelösten
Türmen sich einschmiegend, einbohrend in das
Gewölbe ewigen Lichts. Der Wille, Götter und
Menschen zu einen, führt hier den ingeniösen
Konstrukteur zur wirksamen Offenbarung wei-
testen Weltgefühls durch eindruckvolle For-
men, zweckbestimmt bis in das feinste orna-
mentale Detail...........

Doch nicht allein das wuchtig Sinnfällige soll
Gegenstand menschlicher Bewunderung und
Anerkennung sein, auch der kleinste Raum muß
architektonische Weihe empfangen können.

Nicht das Suchen nach abstrakter Formenschön-
heit darf zur Aufgabe werden, nicht ein steril
ornamentales Formenspiel, sondern einzig nur
das Studium, die funktionelle Analyse aller
Gegenstände und Apparaturen des täglichen
Gebrauches sowie der industriellen Technik.
Dabei ergibt sich die Notwendigkeit, die ver-
schiedensten Werkstoffe in ihrer spezifischen
Eignung restlos zu erkennen, damit der Raum
mit Masse erfüllt werde, die dem Gestaltungs-
willen am meisten, am treuesten entgegenkommt.
Der Gedanke nun, den kulturellen Wirtschafts-
raum des modernen Menschen in ökonomisie-
render Weise, dabei in reizvollster Schönheit
auszurüsten, ist die tragende Idee dieser zeit-
gemäßen Werkstätte. Nicht eine Stätte kunst-
gewerblicher Betriebsamkeit und Stilsucht, son-
dern ein Laboratorium geistgetragenen Hand-
werks und kraftvoll-nüchterner Formensyn-
these soll erstehen...........

Unter Heranziehung auch der bescheidenen
Werkmaterialien sollen die Gegenstände des
täglichen Bedarfs in exakter Zweckbestimmt-
heit geschaffen werden, aus der Erkenntnis, daß

XiVII. Mai 1934. Ii
 
Annotationen