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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Lotz, J.: Zur Krise der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0184

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Zur Krise der Kunsl.

PRO!'. JiRUNO PAUL - BERLIN,

ZOO-WERKSTÄTTEN BERLIN.

des Erfassens da. Schon während dieser Kunst-
betätigung finden sich Anzeichen einer stärkeren
Angleichung an die Natur und sie werden ge-
wöhnlich als Vorstufen der dann später ein-
setzenden Strömung aufgefaßt. Seltsam aber
bleibt trotzdem die spontane Änderung der Rich-
tung des Kunstwillens zur stärkeren Naturnach-
ahmung j denn wenn es etwa vorher der Wille
gewesen wäre in dieser Richtung zu gestalten,
so wäre auch ein Weg gefunden worden, und das
dreizehnte Jahrhundert hätte nicht erst auf
den französischen Einfluß zu warten brauchen.

Wenn wir diese Entwicklung mit unserer
heutigen seit der Jahrhundertwende vergleichen,
kommen beide uns innerlich stark verwandt
vor. Vom ersten dadaistischen Gestammel auf
der Leinwand, von Kandinsky und Paul Klee
über Archipenko und den Kubismus bis zum
Verismus zieht sich dieselbe Entwicklungslinie.
Aber sie ist draußen geblieben, sie hat keine
Verankerung in der Breite gefunden, sie ist ein

gewaltsam gezüchtetes, von Problematik ge-
nährtes Pflänzlein gewesen. Wird es dem

Verismus anders gehen?............

Und doch, etwas hat diese Bewegung ge-
zeitigt, was nachhaltig uns alle aufrührt: eine
Abkehr von dem hohlen Manierismus der Kunst
des späten neunzehnten Jahrhunderts, eine
Sehnsucht nach Tiefe. Aber nicht nach einem
Inhalt des Kunstwerks, der literarisch oder ge-
danklich verankert ist, sondern nach Form, die
au? dem Blut geboren ist, aus einem künst-
lerischen Gebärungszustand. Mit Ansätzen ist
uns nicht geholfen, es gibt nur geschaffene
Werke oder freundliche geschmackliche Ma-
nieriertheiten........... dr. lötz—hanau.

£

Ein Prinzip des Geschmacks, welches das all-
gemeine Kriterium des Schönen durch Be-
griffe angäbe, zu suchen, ist eine fruchtlose Be-
mühung, weil, was gesucht wird, unmöglich und
an sich selbst widersprechend ist. imman. kant.
 
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