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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Michel, Wilhelm: Der Gegenstand in der Malerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0210

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Der Gegenstand in der Malerei.

JOSEF EBER/. - MÜNCHEN.

BKS: DR. VAN liYCK-l.ONDON.

GEMÄLDE »HEIMKEHR«

den und die zu einem großen Teil mit dem
starken inhaltlichen Interesse der Kunstübung
jener Zeiten zusammenhängen.

Noch viel unmittelbarer als in den angeführ-
ten indischen Vorschriften und Anschauungen
kommt das Interesse am Gegenstand bei den
Chinesen zum Ausdruck. Der schon erwähnte
Maler Kuo Hsi hat eine berühmte Schrift „Er-
habene Bilder von Wald und Strom" hinter-
lassen. Darin wird gesagt: „ Aus welchen Grün-
den quillt hochgesinnter Menschen Liebe zu
den Landschaftsbildern? Der Mensch ist seiner
wahren Natur gemäß gerne in einem Garten
voller Anhöhen und Bäche, deren Wasser lieb-
lich klingend zwischen den Steinen hinabgleitet.
Welche Freude bereitet schon der Anblick eines
Fischers, der seinem träumerischen Geschäft
sich hingibt, oder die wilde Bergwelt mit Af-
fen und Reihern. Hingegen ist nichts so ge-
schmackswidrig als Geräusch der Geschäftigkeit
einer Stadt, und man beneidet naturgemäß das
Los der Weisen und Einsiedler, die immerfort
an der Schönheit der Natur sich weiden. Allein

zu unsrer Zeit, da Kaiser und Volk in vollkom-
mener Eintracht leben und jeder sich bemüht,
das Wohl des Reiches zu fördern, da wäre es
wider die Ordnung, wollte einer selbstsüchtig
die Gesellschaft verlassen und sich in die Berge
zurückziehen. Jetzt ist es nicht an der Zeit,
um der Einsamkeit der Berge willen die Ge-
schäfte der Welt zu verlassen, wie es einstmals
Hsia Huang, Kung Chi und Chi Ying (Natur-
lyriker alter Zeit) in Ehren taten. Jene alten
Dichtungen waren ohne Zweifel Schöpfungen
hochgesinnter Männer, die, unfähig, für das
Erdenleben zu sorgen, sich damit trösteten, daß
sie der Nachwelt in Versen den Ausdruck ihrer
Sehnsucht hinterließen. So sehr die meisten
Menschen ein Verlangen haben nach dem Genuß
eines Lebens mitten unter der Fülle der Natur,
so ist es ihnen doch verwehrt, solchen Genüssen
sich hinzugeben. Um aber diesem Bedürfnis
genug zu tun, haben sich Künstler angestrengt,
Landschaften wiederzubilden; so können die
Leute die Größe der Natur betrachten, ohne
vor ihre Haustür zu treten." . . (schluss s. 220.)
 
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