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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Ritter, H.: Architekt Otto Firle, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0237

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1VAHTF.RAVM IN EINEM BANKHAUS

ARCHITEKT OTTO FIRLE-BERLIN.

Man begegnet in den Arbeiten dieses Ar-
chitekten überall dem gleichen geistigen
Grundmotiv: Strenge, vornehme Verhaltenheit,
hier ins nahezu Feierliche gesteigert, dort mehr
zum Gefälligen gedämpft. Es ist ein wahrhaft
architektonischer Geist, der hier spricht; auch
in den Innenräumen. Alles ist kubisch, körper-
lich, räumlich gedacht; die Flächen sind belebt,
in Nischen, Profilen, im Ineinandergreifen der
Räume lebt ein plastischer Sinn. Oder besser:
es lebt hier ein starkes Gefühl für die Poesie
des Räumlichen. Worin besteht diese Poesie
des Räumlichen? Doch wohl darin, daß der
räumliche Sinneseindruck lebt und spricht,
und zwar daß er dies tut mit Bezug auf die
Menschenseele, daß er sie anredet und in
Schwingung bringt. Das zeigt sehr klar schon
Firles Außenarchitektur. Die Form des Einzel-
hauses ist enorm plastisch empfunden. Auf
der einen Seile das sehr tiefgezogene Dach, auf
der andern die reiche Wandentfaltung; dann
die zahlreichen starken Einkerbungen in den

Gesamtkörper, der weite Dachvorsprung, die
kräftigen Erker, die tiefeingeschniltenen Bogen-
fenster — all das redet eine muskulöse, be-
stimmte, klarschaife Sprache. Man steht vor
einem festen Willen, einer lebhaften Sinnlich-
keit ; aber auch vor einem beherrschten, sicheren
Geschmack. Es ist eine Raumpoesie plastischer,
nicht malerischer Art. Sie hat einen Schuß an-
tiken Baugefühls in sich. Sie liebt das Unzwei-
deutige und Positive; man betrachte dazu den
Raum mit den energischen Rundungen des Tür-
bogens und des Kreises am Plafond; man ver-
gegenwärtige sich, wie die Kamin-Nische durch
die Seitenlehnen der Bänke räumlich abgetrennt
und verselbständigt wird. Diese Räume sind
nicht leicht und plauderhaft; sie haben etwas
tief Ruhendes; dazu paßt die Vorliebe für die
architektonische Fixierung der Möbel, für die
kräftige Wandgliederung, für die massiven Ses-
selformen. Dazu paßt die gedrungene, wuchtige
Ornamentierung der Türen im Bankgebäude,
deren Formen auf ostasiatische Eingebungen

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