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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Fraenger, Wilhelm: Arbeiten von Sophie H. Taeuber-Arp
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0311

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Arbeiten von Sophie H. Taeuber-Arp.

Taeuber-Arps als Teilgebilde neuer Baukunst
zu bezeichnen. Doch von dem starren Dog-
ma des Konstruktivismus, welches auf je-
den Inhaltswert bewußt verzichtet, von subjek-
tiven Stimmungsreizen frostig Abstand nimmt
und allen Anthropomorphismus aus dem Bilde
bannt, ist diese schweizer Künstlerin durch ei-
nen ausgesprochenen Persönlichkeits-Cha-
rakter ihres Werks geschieden. In ihren
Schöpfungen wirkt eine Phantasie von seltsam
dämmerhafter Mythik und romantischer Scur-
rilität. In diesen formdurchklärten Werken er-
eignen sich — als deren Phantasiegehalt —
chimärische Metamorphosen, verwunderliche
Nachbarschaften von Puppen, larvenhaften Tie-
ren und Gestirnen. So etwa auf der Stickerei
des ersten Bildes das Beieinandersein der großen
Vögel und eines wie in einen Mumienschrein
gestellten Mannequins, zu dessen Füßen sich
ein Fisch bewegt, wie solch ein Kleiderstock
auch auf dem dritten Bild, einem zweiköpfigen
Reptil benachbart, wiederkehrt. Der kreuz-
häuptige Mann, der sich zur Sonne reckt, Del-
phine, die an einer Flasche naschen, ein in
das leere Nichts gestellter Haubenstock sind

solche Seltsamkeiten einer Phantasie, die sich
in manchen Werken zur dunklen Mythik nor-
discher Symbole (Abb. S. 295) oder zu der
liturgisch feierlichen Würde alter Kosmaten-
arbeiten erhebt (Abbildung S. 297).

In solchen Phantasien Sophie Taeuber-Arps
spiegeln sich Vorstellungsgehalte ab, wie wir
sie in verschwenderischer Fülle in den Dich-
tungen des Mannes dieser Künstlerin, Hans
Arp, des wahren Magus traumverzauberter
Metamorphotik finden.

In technischer Beziehung sind die Webereien
und Stickereien dieser Künstlerin in muster-
gültiger Vollendung ausgeführt. Sie pflegt be-
sonders solche Techniken, die ihr gestatten, aus
einem Stoff das Bildwerk herzustellen. Sie
gibt nicht äußerlich verzierte, überstickte Flä-
chen, vielmehr sind ihre Arbeiten — wie Spitzen
oder Webereien — vom Grunde aus aus buntem
Garn erzeugt. — Frau Sophie Taeuber-Arp
wirkt an der unter Altherrs Leitung sehr be-
kannt gewordenenKunstgewerbeschule Zürichs,
wo ihre formgesetzlich klar disziplinierte Kunst
schon eine weitgreifende Auswirkung erfahren

hat................. WILHELM FRAENGER.
 
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