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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 70.1932

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Champion, Theo: Ein Interview mit mir selber
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https://doi.org/10.11588/diglit.7201#0184

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THEO CHAMPION. GEMÄLDE »WINTER«. BESITZ: FRAU KN1PP1NG-DÜSSELDORF

können mich rasend machen, und wenn ich
dann zufällig mit dem verkehrten Bein auf-
gestanden bin, könnte ich ihnen vor Wut die
Staffelei durch den Bauch rennen. Meistens bin
ich aber friedlich und spreche freundlich zu
meiner Umgebung. Vor kurzem sagte ein west-
fälischer Biedermann: 0, ein skönes Bild, haben
Sie das alles aus freier Hand gemacht, was für
Liebhaber, woll? Ein ander Mal ein Junge
vom Rhein, nebenbei ein Eilbote, Eilboten sind
immer die ausdauerndsten Zuschauer, fragte:

Meister, wat kost son Bild?
Ich nannte einen Preis. Na,
meinte er, dat muß aber ne
Doli sin, dä dat bezahlt, da
tat ich mich doch lieber ein
Motorrad kaufe. Dann wieder
umringt mich kleinste Schul-
jugend. Große Stille, plötzlich
sagt eine Kleine: Der Onkel
ist aber schlau, der guckt ja
alles ab, das dürfen wir in der
Schule nicht. Ein Briefträger,
ein Handwerksmann, einPoli-
zist wollen mir Auf träge geben.
Der eine will sein Auerhahn-
bild in bunt gemalt haben, der
andere seinen Stich „Mutter
und Kind" und der dritte ein
Sanatorium, wo er als Soldat
lag, alles wunderschöne Bil-
der, wie mir immer wieder
versichert wird.

Wind oder sagen wir Sturm
ist das Schlimmste für den
Maler. Er ist ein geradezu
hinterlistiger Kerl. Die Staf-
felei wird umgerissen, wenn
man sich eben bückt, um
eine Tube aus dem Kasten zu
holen. Die Hand bekommt
einen Ruck, wenn sie gerade
eine ganz feine Linie ziehen
will. Zum Überfluß fegt er
noch Staub, Mücken, Regen-
tropfen auf die nasse Farbe.
Ich gebe es auf. Beim Rück-
züge tanzt das Bild in tollen
Windungen in der Hand, oder
preßt sich mit der nassen
Fläche gegen mein Habit. —
Nicht selten sind die Motive
verschwunden, die am Tage
vorher noch da waren. Ein
Schiff ist fortgefahren, das

wochenlang am Ufer lag.
Bäume sind umgehackt. Ein
Lattenzaun ist durch Beton-
klötze ersetzt. — Sehr wenig
angenehm ist es, draußen im Schnee zu stehen.
Ich habe schon bei 10 Grad Kälte gemalt, aller-
dings bei Windstille. Trotzdem stand ich zähne-
klappernd da, die Farbe wurde zäh wie Brot-
teig, Im Sommer dagegen werde ich gebraten,
und die Farben schwimmen auf meiner Palette."
„Was streben Sie mit Ihrer Kunst an?"

„Ja, was soll ich dazu sagen? Ich male das,
was mich bewegt und male so, wie ich als
Mensch nun einmal bin und so gut, wie meine
Begabung es zuläßt. Ich bin friedlich und male
 
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