Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0029
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
quartierungen und der beispielsweise ständige Vorhalt von einhundert Pferden zum
Vorspann in Burgdorf und an der Poststation zu Schillerslage 1812 waren ebenso
kostenaufwendig wie die bauliche Verstärkung der Burgdorfer Auebrücke, über die
Truppenzüge und Munitionstransporte verliefen. Doch auch an den Stellen, wo die
Franzosen nicht direkt zum Weitermarsch rüsteten, belasteten zusätzliche
Kriegssteuern, die Ausdünnung des Warenangebotes und anfallende Handdienste wie
Wegebesserung, Festungs- und Brückenbau die Anwohner.
Nach der napoleonischen Besetzung auf dem Wiener Kongress 1815 selber zum
Königreich erhoben, durchlief die nunmehr zentralistisch geführte Region im Königreich
Hannover zunächst eine Reihe von Verwaltungsreformen mit dem Ziel, die Effizienz im
neuen Staatsgebilde zu steigern und die Armenkassen zu entlasten. 1831 erließ man
das Calenbergische Ablösungsgesetz, das den Bauern ihren Freikauf sicherte; nicht
unbedeutend waren allerdings die anfallenden Kosten, die nach der 1833 erlassenen
Ablöseverordnung den 25fachen Satz des jährlichen Erntedurchschnitts der letzten 25
Jahre betrugen und letztlich den Abschluss der Ablösungen bis in das Jahr 1880 verzö-
gerten. Ähnlich zäh vollzog sich der Verkopplungsprozess: Schon 1824 war die Gemein-
heitsteilungsverordnung in Calenberg in Kraft getreten und 1824/25 die Verkopplung im
Königreich Hannover eingeleitet worden, in deren Folge größere und effizientere
Ackerflächen anstelle der kleinen, verteilt liegenden Ackerfluren entstanden und ein
Großteil der gemeinnützigen Gemeinschaftsflächen aufgegeben wurde. Es versteht sich,
dass bei diesem groß angelegten Prozess einer erneuernden Flurbereinigung nicht alles
immer gerecht verlief; zudem vergingen häufig etliche Jahre, bis die Verkopplung als
abgeschlossen galt. Zu den frühen abgeschlossenen Verfahren zählten beispielsweise
die Gemeinheitsteilungen und Verkopplungen zu Helstorf und Negenborn (1828-
1838/39), während die 1837/38 eingeleitete Gemeinheitsteilung zu Sievershausen erst
1857 ihren Abschluss fand, die Verkopplung seiner Feldmark 1878. Die Gewerbefreiheit
und schließlich die von der bürgerlichen Revolution 1848 angeregte Trennung von
Verwaltung und Gerichtsbarkeit 1852 gelten als weitere einschneidende Reformen.
Noch bevor Preußen 1866 das Königreich Hannover annektierte, wurde 1859 eine
Gebietsreform durchgeführt, die sich 1867 wiederholte. Der damalige Landkreis
Hannover bestand nun aus den Ämtern Neustadt, Linden, Hannover und den Städten
Neustadt und Wunstorf, bis die Kreisreform 1872 (1885 umgesetzt) die Kreise Burgdorf,
Neustadt a. Rbge, Springe und Hannover ins Leben rief, die sich bis in die jüngste
Vergangenheit hinein tradierten. In der Gebietsreform des Jahres 1974 wurde der
Landkreis konzipiert, in dem allerdings die Stadt Sehnde als jüngste und vierzehnte
Stadt 1997 den Stadtstatus erhielt. Seit dem 1. November 2001 sind der Landkreis
Hannover und die Landeshauptstadt zur Region Hannover zusammengefasst - ein
bundesweit einmaliges Modellprojekt, das auf einer Fläche von 2 290 km~ insgesamt 16
Städte (Barsinghausen, Burgdorf, Garbsen, Gehrden, Landeshauptstadt Hannover,
Hemmingen, Laatzen Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge, Pattensen, Ronnenberg,
Seelze, Sehnde, Springe, Wunstorf) und 5 Gemeinden (Burgwedel, Isernhagen, Wetze,
Wedemark, Wennigsen) vereinigt.

Baugeschichtlicher Überblick
Sakralbauten: Kirchen, Klöster und Kapellen
Die Region besitzt einen insgesamt recht bedeutenden Denkmalbestand an Kirchen und
Kapellen, zu denen allerdings auch die recht stark vertretene Gruppe der erst im 19.Jh.
errichteten Friedhofskapellen gehört. Sieht man von den angeblich in das 10. oder
11 .Jh. datierenden Mauerresten der Sievershausener Martinskirche ab, so entstammen
die ältesten überkommenen baulichen Zeugnisse offensichtlich erst dem frühen 12.Jh.,
obwohl der Prozess der Christianisierung schon im frühen 9.Jh. begann.
Die kleine Gruppe der romanischen Sakralbauten hat in der Sigwardskirche zu Wunstorf-
Idensen ihren wohl bedeutendsten Vertreter. Die ab 1120 im Auftrag des Bischofs
Sigward von Minden konzipierte und in sorgfältigem Quadermauerwerk errichtete Kirche
ist zwar als einschiffiger Saalbau mit Westturm, querschiffartigen Seitenkapellen und
polygonalem Chor ein architektonisch eher unauffälliges Gotteshaus, genießt aber aus
kunsthistorischer Sicht eine umso größere Bedeutung aufgrund ihrer flächendeckenden
Innenausmaiung in Kalk-Secco-Technik, deren Farben man aus zerriebenen
Halbedelsteinen gewann. Vermutlich entstammen die auf den Gewölben und dem obe-

25
 
Annotationen