Schloss Ricklingen, Voigtstraße 3, Pfarrhaus, um 1910
Sanierung des gesamten Dachstuhls, um das
Ausweichen der Außenwände zu reduzieren.
Als jüngste Eingriffe gelten die Rustikaglie-
derungen der Fenster, 1958 nach den vorhan-
denen Eckgliederungen und Portalrahmungen
entwickelt als auch das abrupt am Turm enden-
de Traufgesims als eine Ergänzung des Jahres
1959. Möglicherweise war die Kirche ursprüng-
lich unverputzt, so berichten die Quellen von frei
herausbrechenden Ziegeln. Dies gab um 1828
Anlass, das Ziegelmauerwerk durch eine Rot-
tönung des Putzes zu imitieren, die nach der
jüngsten Sanierung wieder die Außenwände
schmückt.
Zum Kirchenraum gehört die im Turmunter-
geschoss eingerichtete Voigtsche Gruft, die bis
1971 28 Särge der Familie barg. Ein Großteil
der Innensärge wurde damals auf dem Friedhof
beigesetzt, ein Teil der zinkbeschlagenen
Sarghüllen zur musealen Präsentation aufberei-
tet, ein weiterer veräußert. Heute berichten nur
noch drei Exemplare vor Ort von der einstigen
Funktion und Bedeutung ihres Aufstellungs-
Schloss Ricklingen, Im Dorfe 1, Wohnhaus der Hofanlage
Platzes.
Ein Blick auf die Ortskarte verdeutlicht, wie
exakt der umlaufende Kirchhof als gedrungenes
Rechteck bemessen und mit der Kirche als
räumliche und inhaltliche Mitte besetzt worden
ist. Fast herrschaftlich mutet auch die massive
Umhegung an, zumal die axial auf die
Kirchenportale ausgerichteten Rustikaportale
mit Zapfenaufsätzen eine Seltenheit unter den
Friedhofstoren darstellen. Ihre repräsentative
Ausführung erklärt sich aus der innerörtlichen
Lage und dem engen Zusammenhang zum
Amtmannshof Im Dorfe 4, auf den weiter unten
einzugehen sein wird. Noch heute zeigt der
Kirchhof eine kleine Anzahl historischer
Grablegen wie u.a. die Gruft des Generals
Brandis, zahlreiche Grotten und das pyramida-
le Ehrenmal, kurz nach dem Ersten Weltkrieg
zur Erinnerung der Toten an repräsentativer
Stelle errichtet.
Das Pfarrhaus (Voigtstr. 3), zwangsläufig in
unmittelbarer Nähe zur Kirche erbaut (um
1910), folgt in wesentlichen Teilen einem
Entwurf des Jahres 1905: Den kubischen
Ziegelbau rhythmisiert hier die enge Folge
schmaler Fenster im Wechsel mit weißen
Putzflächen, die einzig filigrane Ziegelbänder
friesartig untergliedern.
Zum Pfarrhof gehörte ein kleiner Speicher, um
1750 als Wandständerbau mit Bohlenausfa-
chung konstruiert. Seine untergeordnete
Nutzung spiegelt seine Stellung auf dem rück-
seitigen Teil der Parzelle.
Die auf der gegenüberliegenden Straßenseite
aufgehende Schule (Nr. 81) zitiert den typi-
schen Baustil dörflicher Schulbauten um 1900,
als man von den zu Schulen umgewidmeten
Wohnwirtschaftsbauten immer deutlicher
Abstand nahm und reine Funktionsbauten ent-
wickelte.
Den Straßenabschnitt unmittelbar südlich des
Kirchhofes prägen einige großzügige Gehöfte,
die z.T. noch in das 18.Jh. zurückdatierende
Schloss Ricklingen, Im Dorfe 4, Voigtscher Amtsmannshof, Blick von Norden
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