Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Krumm, Carolin [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0221
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
mentes „Königin") eine Blütezeit erlebte (1786:
218 Pferde in den vier Bauerschaften). Die ins-
gesamt eher unbedeutende Stellung der
Schweinezucht lässt sich mit der stetigen
Abnahme des Waldvorkommens begründen,
das bereits seit der Zeit der Waldschmieden
strapaziert worden war.
Der moderne Isernhagener Ortsteil Altwarm-
büchen, an der nordöstlichen Stadtgrenze
Hannovers auf einer flachen Geestschwelle im
Norden des Altwarmbüchener Moores gelegen,
entwickelte sich als einseitiges Straßen- oder
Zeilendorf entlang einer erschließenden Straße,
über die seit ungefähr 1780/81 die Neue Post-
straße von Hannover nach Celle verlief. Un-
sicher ist, ob es jedoch als regelrechtes Hagen-
hufendorf entstand und somit das auszeich-
nende Hägerrecht besaß, das seine Bewohner
auch in den Folgegenerationen mit Erbrecht

versah und als Freie verstand, insofern sie di-
rekt dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg
unterstanden. In jedem Falle entstanden die als
Langstreifenfluren angelegten Ackerflächen auf
dem sog. Vorfeld erst nach 1844 (die Streifen
auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme
1781 spiegeln nicht die Parzellengrenzen, son-
dern nur die Pflugrichtung wider), denen in
Hagenhufendorftradition die nahezu rechtwink-
lig zur Straße aufgereihten schmalen Hofpar-
zellen mit dahinter liegendem Grünland nördlich
der Straße gegenüberlagen. Im Vergleich zu
klassischen Hagendörfern fällt Altwarmbüchen
in jedem Falle durch seine geringe Länge aus
dem Schema des Üblichen heraus. Wie auf der
Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1781
deutlich zu erkennen, schloss sich südlich der
Straße, wo sich als einziges Bauwerk die örtli-
che Kapelle befand, das Vorfeld an - Ackerland
auf Mergelböden -, das wiederum zu den wei¬

ten Flächen des Altwarmbüchener Moores ver-
mittelte; dies begünstigte den Torfabbau vor
Ort, der sich im 19.Jh. zu einem wichtigen wirt-
schaftlichen Faktor entwickelte, aber auch die
Viehzucht, da die Dorfbewohner Hude.rund
umb ihr Dorf her..." (Erbregister) und auf dem
Moor betrieben. 1842 fiel Altwarmbüchen
schließlich einem Flächenbrand zum Opfer, den
nur wenige Gebäude unbeschadet überstan-
den. Im frühen 20.Jh. ließen die Nähe zu
Hannover und die funktionierenden Verkehrs-
anbindungen Altwarmbüchen zu einem belieb-
ten Gewerbe- und Wohnvorort werden, dessen
Flächen sich mittlerweile bis an die Stadtgrenze
Hannovers erstrecken. Im Schatten der enor-
men Siedlungsvergrößerung gegen Südwesten
durchleidet die historische Kernsiedlung Alt-
warmbüchens heute extreme Belastungen auf-
grund der täglich durchrollenden Autokolon-
nen, die die historische Hauptstraße als östliche
Ortsausfahrt und direkte Zufahrt zur Autobahn


A 7 nutzen.
Neben einem schlanken Meilenstein, der die
Entfernung von Hannover (seit 1705 gehörten
die Isernhagener Dörfer zu Kurhannover) mit
1,5 Meilen angab und die erste 1781 fertig
gestellte Teilstrecke der seit 1779 neu erbauten
Poststraße nach Celle markierte (Am Walde/
B 3 km 12,630), umreißen nur wenige Baudenk-
male sechs Jahrhunderte Bau- und Ortsge-
schichte, darunter auch das älteste erhaltene
Gebäude, die einstige Kapelle des Ortes
(Hannoversche Str. 23): Ihre Bauzeit wird allge-
mein mit „spätgotisch" angegeben, zu verein-
zelt bleiben stilistische Merkmale am Saalbau in
Raseneisenstein mit seinem später angefügten
rechteckigen Chor. Die Gebäudeecken wurden,
wie auch die Umbrüche des Dreiseitschlusses,
in Ziegel ausgeführt, ein markanter Material-
wechsel, der eine ausgleichende Putzschicht
bereits als ursprüngliche Außengestaltung nahe
legt. Die großen Stichbogenfenster brach man
vermutlich erst im späten 16.Jh. ein, während
der Zugang und die den Chorschluss überfan-
genden Birnstabprofile der spätgotischen
Bauphase angehören.
Mit der Einführung der Reformation lag die Ka-
pelle wüst, erst ab 1664 wurde dort wieder ein
sonntäglicher Bibelunterricht durchgeführt. Seit
1803 diente sie als Wohn- und Wirtschafts-
gebäude, Schule, Lehrerwohnung und schließ-
lich als Gemeindebüro. Die bereits im frühen
20.Jh. mit modernen Fenstern versehene und
seit 1968/69 zum Sitzungssaal umgewidmete
Kapelle wurde 1986/87 grundsaniert.
Nur wenige Meter weiter erhebt sich ein deko-
rativer Speicher, 1692 in der damals üblichen
Art als ein durch Ankerbalken gesicherter
Ständerbau erstellt (Nr. 28). Nur die Schau- und
Giebelseite kragt über Stichgebälk und Füllhöl-
zern stockwerkweise vor und zeigt eine hori-
zontale Akzentuierung durch Fußwinkelhölzer,
die diese Seite eindeutig als Schauseite unter-
streicht.
Jüngstes Baudenkmal im Ort ist der einge-
schossige Ziegelbau Nr. 38 als separater
Wohnteil und Kopfbau („1886") des rückseitig
anschließenden Scheunentraktes. Wie viele

Altwarmbüchen, Am Walde/ B 3, km 12,630, Meilenstein

218
 
Annotationen