Auch im Umkreis der Kirche zeigen nur noch
wenige Bauten die bäuerliche Vergangenheit
Lehrtes an, zumal das alte Dorf durch zahlrei-
che moderne Verdichtungen und den Einschub
großzügig dimensionierter Einkaufszentren
deutlich an räumlichen Zusammenhalt verloren
hat. Zu den wenigen weitgehend ungestörten
Bauten gehört beispielsweise der „1848” abge-
zimmerte, schräg gegenüber aufgehende
Altenteiler Osterstraße 20, der aufgrund seiner
benachbarten Lage zum Pfarrhaus Am Linden-
berg 5 vielleicht als Pfarrscheune zu lesen ist.
Ein Brand hatte das Pastorenhaus 1848 nach-
weislich vernichtet, das jedoch noch im glei-
chen Jahr als siebenachsiger, zweigeschossi-
ger Fachwerkbau neu entstand („1848”). Der
Aufbau als zweigeschossiges Traufenhaus mit
siebenachsiger Fassade und axialem Zugang
wiederholt sich beim massiven Wohnhaus
Hagenstraße 6 (um 1880) und beim allerdings
fünfachsigen Wohnhaus Im Jägerwinkel 2, im
Jahr 1900 „... von den Gebrüdern Nöhre...” am
Ostende des alten Dorfes erbaut. Dieser zwei-
Lehrte, Osterstraße 20, wohl ehemalige Pfarrscheune
Lehrte, Im Jägerwinkel 2, Wohnhaus, 1900
geschossige Putzbau - durch ein rustikales
Sockelband und Eckquaderungen horizontal
sowie vertikal strukturiert - greift mit den gera-
den Gesimsleisten der Fenster und der Pilaster-
gliederung des Portals klassizistische Anleihen
auf, die in dieser aufwendigen Gestaltung für
dörflich-bäuerliche Wohnbauten ausgespro-
chen selten sind. In der Regel präsentiert sich in
Lehrte die Hofbebauung traditionell orientiert,
wie auf der benachbarten Hofstelle Im
Jägerwinkel 1 am Vierständerhallenhaus
(„1836”) mit angebauter Längsdurchfahrts-
scheune im Unterrähmgefüge (frühes 19.Jh.)
deutlich abzulesen ist. Ungestörte historische
Bausubstanz bleibt im alten Dorf darüber hin-
aus selten; weitgehend intakte Konstruktionen
weisen lediglich das schmale Vierständerhaus
Hagenstraße 13 (angebl. 1843), die Längs-
durchfahrtsscheune von „1854” Hofwinkel 3
und den Altenteiler an der das alte Dorf er-
weiternden Marktstraße (Nr.39A) als Denkmale
aus: Das quellenkundlich als Leibzuchthaus
des Heinrich Molsen erbaute Fachwerkhaus
zeigt in seltener Weise paarweise angeordnete
Kopfwinkelhölzer unterhalb des leicht vorkra-
genden Giebeltrapezes, das jedoch keine holz-
ausgefachten Scheingeschosse, sondern
gleichmäßige Gefache zeigt. Traufseitig tragen
noch mit Taustäben verzierte Karniesknaggen
die weit vorkragenden Dachbalken, eine recht
altertümliche Konstruktion, die zusammen mit
dem zweigeschossigen Wohnteil („1711”) die
Entstehung im frühen 18,Jh. unterstreicht. Das
Fachwerkgebäude markiert das nördlichste
Denkmal im alten Dorf; es liegt an der einstigen
Nordsüdachse, der heutigen Marktstraße, die in
gebrochener Führung zur westlich gelegenen
Ortsmitte des neuen Lehrte vermittelt und mit
ihrer anliegenden Bebauung in Resten noch
einiges vom einstigen kleinstädtischen Charak-
ter des Marktplatzes berichtet.
Matthäuskirche
Bauliches Zeichen der kontroversen Diskussion
zur Entwicklung Lehrtes im 19.Jh. ist die schon
von weitem sichtbare Matthäuskirche, mit ihrem
31 Meter hohen Turm heute dominantes Bau-
Lehrte, Marktstraße 39 A, Altenteiler, Wohnteil von „1711"
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