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Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0575
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Zur weiteren Sicherung der Festungsanlage im
Steinhuder Meer beauftragte man 1772 Leut-
nant Colson, am unzugänglichen südwest-
lichen Seeufer im Hagenburger Moor, dem heu-
tigen Meerbruch, einen befestigten Landekopf
zu schaffen, um die Verbindung der Inseln mit
dem Festland zu sichern. Mit dem sog.
„Wilhelmsteiner Feld“ verwirklichte Graf Wilhelm
seine Vorstellung einer „Befestigten Land-
schaft“. Neben zahlreichen Schanzen, Befesti-
gungswerken und kleinen Hofstellen wurde
auch der Anbau von Getreide, Gartenfrüchten
und Obst gefördert, um im Verteidigungsfalle
die Selbstversorgung der Festung zu garantie-
ren. Nachdem sich das einst öde Moor rasch
zu einer blühenden Gartenlandschaft mit groß-
flächigen Experimentierpflanzungen verwandelt
hatte, bedeutete der Tod Wilhelms im Jahre
1777 das Ende des Wilhelmsteiner Feldes, von
dem heute nichts mehr erhalten ist. Nur ein zeit-
genössischer Lageplan vermag noch Auskunft
über Anlage und Aufbau des Wilhelmsteiner
Feldes zu geben.
Die eigentliche bauliche und inhaltliche Mitte
der als „Praktischen Artillerie und Genie-
Schule“ genutzten Inselfeste stellt ein kleines
Schloss dar - ein kreisrunder Zentralbau mit
leicht zangenförmigen Seitenfronten. Ein wuch-
tiger mittiger Stützpfeiler gliedert den unteren
Teil der Kasematte, der für die Unterbringung
der Soldaten und Munition bestimmt war.

Steinhude-Wilhelmstein, „Grundriß derer Wilhelms Inseln", (Marburger Staatsarchiv, Kriegskarten)


Zugleich nahm der Pfeiler die Last des oberen
Geschosses, des Schlösschens, auf, das als
Wohnung des Kommandanten und der Offiziere
dienen sollte, bekrönt seit 1774 von einer turm-
artigen Aufstockung, in der man astronomische
Studien betrieb.
Erst nach dem Tod des Grafen Wilhelm und der
Auflösung der Militärschule nutzte man die
Anlage als Staatsgefängnis und baute in die
Kasematten Zellen für Strafgefangene ein, die
hier Zwangsarbeit verrichten mussten. Nach-
dem die Pfahlkonstruktionen der Außenwerke
bereits im Iß.Jh. durch Steinschüttungen ge-
festigt worden waren, wurden zwischen 1811
und 1814 auch die ehemaligen Wassergräben
durch die Inhaftierten zugeschüttet, zahlreiche
Nebengebäude wegen Baufälligkeit abgetragen
und die Insel mit Obstbäumen und Gemüse-
beeten bepflanzt. Damit war eine Gesamtan-
lage von 125 Metern Seitenlänge entstanden,
deren Gestalt bis heute fast unverändert erhal-
ten blieb. Nach Ansichten des 19.Jh. war der
Wilhelmstein bereits damals recht üppig be-
grünt, so dass der heutige vegetabile Bestand
(Pappeln, Erlen, Kastanien, Stieleichen) in wei-
ten Teilen als historisches Zeugnis dieser späte-
ren Umgestaltungsphase des Wilhelmsteins zu
bewerten ist.
Seitdem im ausgehenden 18.Jh. der Wilhelm-
stein größere Besuchermengen anzog, verlieh
die Eröffnung der Steinhuder-Meer-Bahn dem
Tourismus einen erneuten Aufschwung.

Steinhude-Wilhelmstein, Luftbild der Festung Wilhelmstein

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