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Lufen, Peter Ferdinand [Bearb.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0019
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Bevorzugt bei der Anlage von Siedlungsplätzen waren die für den Ackerbau günstigen
lößbedeckten Hänge, vornehmlich in Quell- und Wasserlaufnähe. Die Ausweitung der
Senke zu einer fünf bis acht Kilometer breiten Talaue ist auf die weichen Keuper- und
Liasschichten zurückzuführen, die die Leine ausräumen konnte. Die tieferen, vielfach
von Terrassen eingenommenen Teile des Grabens sind, abgesehen von den Auelehmen
im Hochwasserbett der Leine und ihrer Nebenflüsse, von Löß bedeckt, der zu einem
fruchtbaren, ertragreichen Lehmboden verwitterte.
Östlich des Leinetalgrabens schließen Göttinger- und Reinhäuser Wald an, bestehend
aus 300-400 Meter hohen Flächen des Muschelkalks und Buntsandsteins. Sie werden
nur im Reinhäuser Wald durch ein dichteres Netz ausgeprägter und ständig Wasser
führender Täler durchbrochen, während der Göttinger Wald insbesondere durch
Trockentäler mit episodischer Wasserführung mäßig gegliedert wird.
Mit den Felsdächern, den sogenannten „Abris“, haben sich Zeugnisse früher Besiedlung
erhalten - inzwischen sind rund 60 Felsdächer mit archäologischen Fundschichten er-
mittelt und kartiert - deren Nutzung vom Jungpaläolithikum bis zur späten Bronzezeit
und Eisenzeit reichte. Sie konzentrieren sich im wesentlichen auf die Umgebung von
Reiffenhausen, den Reinhäuser Wald zwischen Groß Schneen, Reinhausen, Benniehau-
sen, Bremke, die Wald- und Talgebiete bei Waake, Ebergötzen, Bösinghausen, Eddige-
hausen und Mariaspring. Im bewaldeten Buntsandsteingürtel am östlichen Rande des
Leinegrabens bilden sie eine gleichermaßen landschaftsprägende wie archäologische
Besonderheit. Durch komplexe Verwitterungsvorgänge entstanden, boten die oft weit
ausladenden Felsdächer über Jahrtausende Menschen und Tieren Zuflucht. Neben ihrer
Bedeutung als Zufluchtsort, Rast- und Siedlungsplatz dienten sie in Einzelfällen offenbar
auch als Kultplatz (Hurkutstein im Reinhäuser Wald, Bielstein in Reinhausen).
Markant ist die Zone östlich des Reinhäuser Waldes, die aus einer Reihe kleinerer Mu-
schelkalk-Zeugenberge besteht, die bis über 400 Meter ü. NN die großflächig bewalde-
te Buntsandsteinplatte, die das südliche Leinetal vom Untereichsfeld trennt, überragen.
Herauszustellen sind die weit in den Landschaftsraum hineinwirkenden malerischen
Zwillingsbergkuppen der Gleichen zwischen dem Gartetal und dem Wendebachtal, die
spärliche Rudimente zweier mittelalterlicher Höhenburgen zeigen: die südliche Burg Al-
tengleichen (426 Meter ü. NN) und die nördliche Burg Neuengleichen (428 Meter ü. NN),
deren Erbauung durch die Grafen von Reinhausen in die Zeit um oder kurz vor 1100
fällt.
Das Kerngebiet des östlichen Landkreisteils wird eingenommen vom Eichsfelder
Becken, das in seiner Gesamtheit eine flachwellige, breite Senke bildet. Der waldarme
Naturraum erstreckt sich von den Vorbergen des Göttinger Waldes im Westen bis zum
Duderstädter Stadtwald im Osten. Mit einer durchschnittlichen Höhe von 150-250 Me-
tern werden die Talungen von den angrenzenden Bergrücken, wie dem Seulinger- und
Esplingeroder Wald um 50 bis 100 Meter überragt. Die vergleichsweise niedrigen An-
höhen untergliedern zusammen mit den Flüssen und Bächen die Goldene Mark in meh-
rere kleinere, aber nicht festgefügte Kammern.
Geologisch gesehen ist die Beckenlandschaft ein großes Senkungsfeld, das durch
Auslaugung der Zechsteinsalze des Untergrundes entstanden ist. Entsprechend dem
östlichen Ausstreichen der Erdschichten hat die Salzauslaugung am Harzrand ihren
Ausgang genommen. Die durch Salzauslaugung entstandenen Hohlräume sind einge-
stürzt, so daß sich die hängenden Schichten gesenkt haben. Es entstand ein riesiges
Senkungsgebiet, das wiederum in sich Erdeinbrüche aufwies wie die großflächige Drei-
Seen-Platte, bestehend aus den inzwischen verlandeten Wasserflächen des Westersees
und Luttersees und dem heute noch bestehenden, etwa ein Quadratkilometer großen
Seeburger See, der einst die Bezeichnung „Großer See von Bernshausen“ bzw. „Berns-
hauser See“ trug. Als größte natürliche Wasserfläche Südniedersachsens besitzt der
malerische und fischreiche Seeburger See eine große landschaftsprägende Bedeutung.
Wie archäologische Untersuchungen ergaben, ist im Umkreis des heute etwas abseits
gelegenen Dorfes Bernshausen seit dem Frühneolithikum eine relativ dichte bäuerliche
Besiedlung nachweisbar, die sich zu einer frühmittelalterlichen Kernsiedlungslandschaft
entwickelte mit bemerkenswerten, gut erhaltenen bauarchäologischen Zeugnissen.
Während die Landschaft westlich der Hahle gekennzeichnet ist durch eine geringe Reli-
efenergie, ändert sich das Landschaftsbild östlich des breiten Hahletales, das einer tek-
tonischen Störungszone folgt, indem die Reliefenergie stärker ist, so daß durch Boden-
erosion bemerkenswerte Landschaftsformen entstanden sind. Auffällig ist ein dichtes
Netz charakteristischer Hohlformen. Zu erkennen sind Schluchten und Hohlwege, was-
serdurchflossene Flutgräben und kastenartige Trockentäler, Mulden mit eingesenkten

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