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Lufen, Peter Ferdinand [Bearb.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0050
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Die beiden post-mortem-Ereignisse (Kreuzabnahme und Grablegung) sind später hinzu-
gefügt worden.
Als eine der prächtigsten Kreuzweganlagen Niedersachsens gilt die von Immingerode
zum Pferdeberg führende. Die topographischen Rahmenbedingungen nutzend folgen
die 14 in Sandstein gearbeiteten Stationen des ausgehenden 19.Jh. dem Typus des
Heiligenhäuschens. So sind in den Nischen kolorierte Reliefs eingelassen. Den Abschluß
des nicht nur ortsgeschichtlich bedeutsamen Kreuzwegs bildet ein schlichtes Sand-
steinkruzifix.
Erhalten haben sich die Kreuzwegstationen mit Kapelle in Wollbrandshausen auf dem
Höherberg, die 1854 zu Ehren der 14 Nothelfer errichtet wurden. Unmittelbarer Anlaß
zur Errichtung der Höherberg-Kapelle war die große Choleraepidemie, die Mitte des
19.Jh. auch das Eichsfeld heimsuchte. In dieser Not gelobte die Bevölkerung den Bau
einer Kapelle zu Ehren der 14 hl. Nothelfer. Die schlichten Kreuzwegstationen zeigen
polychromierte Eisengußreliefs des ausgehenden 19.Jh.
Nur noch in der Preuss. Landesaufnahme hat sich die Lage des Kreuzweges in Desin-
gerode erhalten. Bei der Neuanlage der Wege im Zuge der Verkoppelung mußten
Kreuzweg und Klus abgetragen werden. Wiederverwendet wurden die Quadersteine
des Kreuzweges zum Bau des heutigen Kreuzwegs in Germershausen.
Die Kreuzwegstationen in Germershausen sind Teil eines baulichen Ensembles mit dem
Kulminationspunkt der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung, die inmitten ei-
nes großflächig bemessenen parkähnlichen Areals errichtet wurde. Die von Anton
Paasch (Hildesheim) geplante, in neuromanischen Formen konzipierte kreuzförmige Ba-
silika birgt im Innern das Gnadenbild „Maria in der Wiese“, eine vermutlich zur Wall-
fahrtsentstehung umgearbeitete Pieta.
Unterschiedliche Bedeutung haben die zahlreichen Kreuzsteine und Scheibenkreuze.
Als herausragende Beispiele im südniedersächsischen Raum gelten die Scheibenkreuze
des Bielsteinmassivs in Reinhausen. Die nahezu 100 Meter lange, steil abfallende Fels-
wand weist an ihrer Basis neben den zwei eingemeißelten, unterschiedlich großen
Scheibenkreuzen auch Wetzrillengruppen und Nischen offenbar für Heiligenbildnisse
auf. Zu erinnern ist auch an das sogenannte „Kreuzsteinnest“ in Bühren (siehe Bd. 1),
wo eine Gruppe von zehn Kreuzsteinen aus dem hohen und späten Mittelalter zusam-
mengestellt wurde.
Eine seit dem frühen 19.Jh. im Untereichsfeld weit verbreitete Sonderform des Bild-
stockes ist das Heiligenhäuschen, das zuweilen auch „Gruft“ genannt wird. Das aus
Sandstein gefertigte „Häuschen“ besteht zumeist aus einem dem Blockaltar ähnlichen
Unterbau mit profilierter Mensaplatte, auf der ein nischenartiger Aufsatz ruht, der häufig
mit einem Gitter verschlossen ist und eine Heiligenfigur oder ein Bild enthält. Den oberen
Abschluß bildet ein profiliertes Hauptgesims mit steinerner Verdachung, die meist von
einem Kreuz bekrönt wird. Zu nennen sind das wohl aus dem 19.Jh. stammende Heili-
genhäuschen in Fuhrbach (Fuhrbacher Straße) und das an der Landstraße von Nessel-
röden nach Etzenborn aufgestellte Heiligenhäuschen aus Sandstein mit der Jahreszahl
1808.
Hervorhebenswert ist auch die sogenannte „Dudenhäuser Kapelle“ der Wüstung Do-
denhusen. Die zwischen Gieboldehausen und Bodensee gelegene einstige Siedlung
wird schon zur Zeit des Bischofs Meinwerk von Paderborn 1016 erwähnt. Zu der Dorf-
stelle gehörte noch eine von prächtigen Linden umsäumte Kapelle, die, nachdem sie
mehr und mehr zerfiel, im Jahre 1849 durch die heutige schlichtere Fachwerkkapelle er-
setzt wurde.
In unmittelbarer Nähe der auf einer leichten Anhöhe gelegenen Kapelle hat sich ein be-
merkenswerter, etwa drei Meter hoher Bildstock (bez. 1682) erhalten, der in den letzten
Jahren restauriert wurde. In seinem laternenförmigen Abschluß erkennt man eine Kreu-
zigung mit Assistenzfiguren, den Hl. Laurentius, den Hl. Bartholomäus, der an den Vor-
gängerbau der heutigen Fachwerkkapelle erinnert und den Hl. Andreas.

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