der Laube war wohl Hencze Vorwiß verantwort-
lich, dem offenbar auch die Gliederung der Lau-
be in den offenen und den geschlossenen Teil
und ihre Gestaltung zugeschrieben werden
kann. Das Maßwerk aus der 1. Hälfte des
16.Jh., von dem im Original nichts mehr über-
kommen ist, knüpft durchaus an spätgotische
Traditionen an: insbesondere das in den Ecken
oder im Scheitel sich überkreuzende Stabwerk
der Fenster- und Türgewände sowie das durch-
brochene Maßwerk der Brüstungen an Laube
und Treppe.
Die Zimmerarbeiten für den Fachwerkaufbau im
Jahre 1531 führten die Zimmerleute Weske
aus. Zeichnet sich der ältere Fachwerkteil durch
die leicht spitzbogigen Fensteröffnungen und
durch kräftig vorspringende, auf Knaggen ge-
stützte Balkenköpfe aus, so wirkt der neue Teil
flächiger. Zur Gliederung und Auflockerung der
Fachwerkflächen wurden z.T. geschoßhohe
Streben eingesetzt, die in Verbindung mit den
paarweise angeordneten, kurzen Fußstreben in
den Brüstungsgefachen der Oberstöcke zur
Wirkung der Obergeschosse beitragen. Den
Reiz des Fachwerkaufbaues machen indes die
verschieferten, durch Spitzhelme bekrönten Er-
kertürme aus, die durch ihre Höhenstaffelung
den asymmetrischen Fassadenaufbau unter-
streichen.
Die Schriftquellen weisen 1534 auf den „Ab-
bruch“ der Kapelle des Rathauses hin, die of-
fenbar in einem durch den Um- und Erweite-
rungsbau nicht unmittelbar betroffenen Bereich
lag. Ob sie noch die mittelalterliche, dem Hl.
Mauritius geweihte Kapelle ist, die 1396/97 an-
läßlich einer „Wiedererrichtung“ in den Quellen
erwähnt wird, ist nicht gesichert.
An das Rathaus schließt im Süden eine Natur-
steinmauer an, die die Hoffläche vom Markt ab-
trennt. Das rundbogige Tor trägt in seinem
Schlußstein neben einer Maske die Jahreszahl
1598, die sich nur auf die Errichtung des Tores
beziehen kann. In der Südostecke des Hofes
stand offenbar ein als Marstall genutzter Vor-
gängerbau des heutigen eingeschossigen Mas-
sivbaues. Dieses Gebäude wird als „Schärpen-
burg“ bezeichnet und diente zwischen 1727
und 1729 als Gefängnis.
Im letzten Viertel des 17.Jh. erfolgte die letzte
wesentliche Erweiterung des Rathauses, als im
Hof ein zweigeschossiges, 15 Fach langes
Fachwerkgebäude entstand, einhergehend mit
der Gestaltung der Rathaustreppe an der West-
seite der Laube, die den Zugang zum Rathaus
akzentuiert und zugleich seine Bedeutung im
Straßenbild hervorhebt. Die einläufige, im
frühen 16.Jh. angelegte Freitreppe, die offenbar
von Beginn an überdacht war, trägt durch den
qualitätvollen Figurenschmuck in erheblichem
Maße zum repräsentativen Charakter der
Hauptfassade bei und bildet zugleich den kon-
sequenten Schlußpunkt gestalterischer Prinzipi-
en, die mit dem Bau der Laube und dem ver-
einheitlichenden Fachwerkoberstock begonnen
wurden. Gestützt wird das Schutzdach der
Freitreppe durch drei qualitätvoll gearbeitete fi-
gürliche Gebälkträger und einen mit Frucht-
gehängen und Tiermasken reich dekorierten
Pfeiler. Am Treppenantritt ist - mit dem Rücken
zur Rathauswand - der Hl. Mauritius in Rüstung
Rathaus, Rathaustreppe des frühen 16.Jh. mit ihrem aufwendigen Figurenschmuck
dargestellt. Den rechten Fuß vorgestellt, das lin-
ke Bein angewinkelt zurückgesetzt, ist die Figur
für eine Ansicht schräg frontal konzipiert. Aus-
gestattet mit einem körpernahen Brustpanzer
über dem kurzen Rock, der mit einer Schärpe
belegt ist, und einem Helm mit Federbusch,
setzt er sich bewußt von den beiden anderen
Figuren ab. Dem Hl. Mauritius gegenüberge-
stellt ist ein plastisch modellierter Pfeiler auf ho-
hem Postament.
Die beiden allegorischen Frauenfiguren, die
oben auf der Podestbrüstung stehen und ein
torbogenartiges Gebälk tragen („Frauenbogen“)
sind auf Frontalität konzipiert. Als einzige voll-
plastische Freifigur des Ensembles erwartet Ju-
stitia, mit Schwert und Waage dargestellt, den
Betrachter. Sie trägt einen eng anliegenden,
den Körper nachzeichnenden Panzer über
kurzem Rock und langem Gewand. Weniger
klar hingegen ist die Deutung der zweiten Frau-
engestalt, die, im Gegensatz zur Justitia, nicht
als Freiplastik konzipiert ist. Mit ihrer Tracht an
traditionelle Vorlagen anknüpfend, weist der
aufgestellte Anker auf eine der drei theologi-
schen Tugenden, die Hoffnung (Spes), hin.
„Steinernes Haus“
In der durch Brand zerstörten und Mitte des
19.Jh. einheitlich wieder aufgebauten Fach-
werkzeile am oberen Ende der nördlichen
Marktstraße setzt das sogenannte „Steinerne
Haus“ (Marktstraße 91), das der im Eichsfeld
ansässige Johann Christoph Fritz im Jahre
1752 für seine Tante Eugenia Fritz, Äbtissin des
Klosters Teistungenburg, plante, einen bemer-
kenswerten Akzent. Mit diesem Klosterhaus
legt J. Chr. Fritz, zu dessen Werken u.a. die
Pfarrkirchen in Werxhausen (1741/42) und
Brehmke (um 1748) zählen, Zeugnis seines ar-
chitektonischen Schaffens ab.
Im Jahre 1699 in Rustefeld als Sohn des dorti-
gen Schultheißen Johannes Fritz geboren, stu-
dierte er zunächst Architektur in Wien und nutz-
te, bevor er das Erbe seines Schwiegervaters
antrat, ausgedehnte Reisen zur Vervollkomm-
nung seiner Fertigkeiten als Goldschmied.
Nachdem er 1729 um Aufnahme in die Duder-
städter Bürgerschaft gebeten hatte , bekleidete
er eine Reihe städtischer Ämter (Ratsherr und
Viermann).
145
lich, dem offenbar auch die Gliederung der Lau-
be in den offenen und den geschlossenen Teil
und ihre Gestaltung zugeschrieben werden
kann. Das Maßwerk aus der 1. Hälfte des
16.Jh., von dem im Original nichts mehr über-
kommen ist, knüpft durchaus an spätgotische
Traditionen an: insbesondere das in den Ecken
oder im Scheitel sich überkreuzende Stabwerk
der Fenster- und Türgewände sowie das durch-
brochene Maßwerk der Brüstungen an Laube
und Treppe.
Die Zimmerarbeiten für den Fachwerkaufbau im
Jahre 1531 führten die Zimmerleute Weske
aus. Zeichnet sich der ältere Fachwerkteil durch
die leicht spitzbogigen Fensteröffnungen und
durch kräftig vorspringende, auf Knaggen ge-
stützte Balkenköpfe aus, so wirkt der neue Teil
flächiger. Zur Gliederung und Auflockerung der
Fachwerkflächen wurden z.T. geschoßhohe
Streben eingesetzt, die in Verbindung mit den
paarweise angeordneten, kurzen Fußstreben in
den Brüstungsgefachen der Oberstöcke zur
Wirkung der Obergeschosse beitragen. Den
Reiz des Fachwerkaufbaues machen indes die
verschieferten, durch Spitzhelme bekrönten Er-
kertürme aus, die durch ihre Höhenstaffelung
den asymmetrischen Fassadenaufbau unter-
streichen.
Die Schriftquellen weisen 1534 auf den „Ab-
bruch“ der Kapelle des Rathauses hin, die of-
fenbar in einem durch den Um- und Erweite-
rungsbau nicht unmittelbar betroffenen Bereich
lag. Ob sie noch die mittelalterliche, dem Hl.
Mauritius geweihte Kapelle ist, die 1396/97 an-
läßlich einer „Wiedererrichtung“ in den Quellen
erwähnt wird, ist nicht gesichert.
An das Rathaus schließt im Süden eine Natur-
steinmauer an, die die Hoffläche vom Markt ab-
trennt. Das rundbogige Tor trägt in seinem
Schlußstein neben einer Maske die Jahreszahl
1598, die sich nur auf die Errichtung des Tores
beziehen kann. In der Südostecke des Hofes
stand offenbar ein als Marstall genutzter Vor-
gängerbau des heutigen eingeschossigen Mas-
sivbaues. Dieses Gebäude wird als „Schärpen-
burg“ bezeichnet und diente zwischen 1727
und 1729 als Gefängnis.
Im letzten Viertel des 17.Jh. erfolgte die letzte
wesentliche Erweiterung des Rathauses, als im
Hof ein zweigeschossiges, 15 Fach langes
Fachwerkgebäude entstand, einhergehend mit
der Gestaltung der Rathaustreppe an der West-
seite der Laube, die den Zugang zum Rathaus
akzentuiert und zugleich seine Bedeutung im
Straßenbild hervorhebt. Die einläufige, im
frühen 16.Jh. angelegte Freitreppe, die offenbar
von Beginn an überdacht war, trägt durch den
qualitätvollen Figurenschmuck in erheblichem
Maße zum repräsentativen Charakter der
Hauptfassade bei und bildet zugleich den kon-
sequenten Schlußpunkt gestalterischer Prinzipi-
en, die mit dem Bau der Laube und dem ver-
einheitlichenden Fachwerkoberstock begonnen
wurden. Gestützt wird das Schutzdach der
Freitreppe durch drei qualitätvoll gearbeitete fi-
gürliche Gebälkträger und einen mit Frucht-
gehängen und Tiermasken reich dekorierten
Pfeiler. Am Treppenantritt ist - mit dem Rücken
zur Rathauswand - der Hl. Mauritius in Rüstung
Rathaus, Rathaustreppe des frühen 16.Jh. mit ihrem aufwendigen Figurenschmuck
dargestellt. Den rechten Fuß vorgestellt, das lin-
ke Bein angewinkelt zurückgesetzt, ist die Figur
für eine Ansicht schräg frontal konzipiert. Aus-
gestattet mit einem körpernahen Brustpanzer
über dem kurzen Rock, der mit einer Schärpe
belegt ist, und einem Helm mit Federbusch,
setzt er sich bewußt von den beiden anderen
Figuren ab. Dem Hl. Mauritius gegenüberge-
stellt ist ein plastisch modellierter Pfeiler auf ho-
hem Postament.
Die beiden allegorischen Frauenfiguren, die
oben auf der Podestbrüstung stehen und ein
torbogenartiges Gebälk tragen („Frauenbogen“)
sind auf Frontalität konzipiert. Als einzige voll-
plastische Freifigur des Ensembles erwartet Ju-
stitia, mit Schwert und Waage dargestellt, den
Betrachter. Sie trägt einen eng anliegenden,
den Körper nachzeichnenden Panzer über
kurzem Rock und langem Gewand. Weniger
klar hingegen ist die Deutung der zweiten Frau-
engestalt, die, im Gegensatz zur Justitia, nicht
als Freiplastik konzipiert ist. Mit ihrer Tracht an
traditionelle Vorlagen anknüpfend, weist der
aufgestellte Anker auf eine der drei theologi-
schen Tugenden, die Hoffnung (Spes), hin.
„Steinernes Haus“
In der durch Brand zerstörten und Mitte des
19.Jh. einheitlich wieder aufgebauten Fach-
werkzeile am oberen Ende der nördlichen
Marktstraße setzt das sogenannte „Steinerne
Haus“ (Marktstraße 91), das der im Eichsfeld
ansässige Johann Christoph Fritz im Jahre
1752 für seine Tante Eugenia Fritz, Äbtissin des
Klosters Teistungenburg, plante, einen bemer-
kenswerten Akzent. Mit diesem Klosterhaus
legt J. Chr. Fritz, zu dessen Werken u.a. die
Pfarrkirchen in Werxhausen (1741/42) und
Brehmke (um 1748) zählen, Zeugnis seines ar-
chitektonischen Schaffens ab.
Im Jahre 1699 in Rustefeld als Sohn des dorti-
gen Schultheißen Johannes Fritz geboren, stu-
dierte er zunächst Architektur in Wien und nutz-
te, bevor er das Erbe seines Schwiegervaters
antrat, ausgedehnte Reisen zur Vervollkomm-
nung seiner Fertigkeiten als Goldschmied.
Nachdem er 1729 um Aufnahme in die Duder-
städter Bürgerschaft gebeten hatte , bekleidete
er eine Reihe städtischer Ämter (Ratsherr und
Viermann).
145