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Lufen, Peter Ferdinand [Oth.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0203
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Nesselröden, Luftbild des Ortskerns, Aufnahme 7.4.1974, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt - Landesvermessung - B5 - 60/74/1036

durch einen äußeren Schutz- und Verteidi-
gungsring in den Machtbereich der Stadt ein-
bezogen. Zur Sicherung des mit undurchdringli-
chem Gestrüpp bewachsenen Duderstädter
Knicks entstand 1392 an einem strategisch
wichtigen Punkt, wo die Straße Nesselröden-
Rittmarshausen den Verteidigungsring durch-
querte, die Nesselröder Warte, auch Bönings-
warte genannt. Die südwestlich des Ortskerns
errichtete Warte lag wohl dem Forsthaus „Nes-
selröder Warte“ gegenüber, einem malerisch
gelegenen, von Wald umschlossenen Forst-
und Gasthaus, das Ausflüglern der näheren
Umgebung als beliebtes Ziel diente. Von jeher
hob sich der Ort durch seine Größe von den
umliegenden Dörfern ab, weil er die Bewohner
der wüst gefallenen Siedlungen Dudenborn,
Stopenhagen und Nackenrode größtenteils auf-
nahm. In den Quedlinburger Lehnsverzeichnis-
sen des frühen 15.Jh. wird Nesselröden mit 48
Hufen aufgeführt, neben Dudenborn mit 25,5,
Nackenrode mit 17,5 und „Stupenhagen“ mit
sechs Hufen.
Von den schweren Schäden, die Nesselröden
im Dreißigjährigen Kriege erlitt, erholte es sich
nur langsam. So lagen am Ende des Krieges
von den 80 Wohnstätten 60 in Schutt und
Asche, auch die Kirche wurde bis auf den Turm
niedergebrannt.
Ortsentstehung und -entwicklung des etwa sie-
ben Kilometer westlich von Duderstadt gelege-
nen Ortes Nesselröden wurden maßgeblich be-
stimmt durch die Nathe, einen Nebenfluß der
Hahle. Neben der Nathe im Osten bestimmen

die Ausläufer des 270 Meter hohen langge-
streckten Esplingeroder Waldes die Topogra-
phie des Ortes. Sie bilden zugleich die natürli-
chen Grenzen des Dorfes, das nach 1945 öst-
lich der Nathe, an Buchen- und Eichenweg
sowie zwischen Hagelkreuzweg und Tulpenweg
geschlossene Siedlungserweiterungen erfuhr.
Gleichwohl war der Verlauf der Nathe auch
grundlegend für die Ausbildung des Straßen-
und Wegenetzes und die Anlage der Obermüh-
le (1314 erwähnt, 1928 abgebrannt) und der
Untermühle (1327 erwähnt, 1961 stillgelegt).
Gegliedert wird das Straßen- und Wegenetz
durch Unter den Linden, Nesselröder Straße
und Nathestraße, die als Hauptdurchgangs-
straße zugleich die Anbindung an Etzenborn
und Westerode herstellt. Von ihr zweigen in
Höhe der Obermühle, die etwa parallel verlau-
fende Untere Straße und die stark gekrümmte
Straße Im Hinterdorf ab. Die zur Kirche führen-
de Obere Straße und die quer dazu verlaufende
Beekstraße sind als schmale Erschließungs-
straßen angelegt.
Zur Wirkung des weitgehend geschlossenen
Ortsbildes trägt vor allem das Zusammenwirken
der unterschiedlich großen Hofstellen bei.
Während im Umkreis der Pfarrkirche auf
großzügig bemessenen Parzellen „mehrgebäu-
dige“ Hofanlagen (Drei- und Vierseithöfe) ent-
standen, kam es an der Beekstraße und bei-
derseits der Straße Im Hinterdorf zu einer An-
siedlung von kleinteiligen Hofstellen, die häufig
nur aus einem zumeist giebelständigen Wohn-
wirtschaftsgebäude bestehen. Östlich der Un-
teren Straße bis hin zur Nathe herrschen gleich-

förmige schmale Streifenparzellen vor. Seinen
Mittelpunkt hat Nesselröden in der kath. Pfarr-
kirche St. Georg, die, wie auf einen Sockel ge-
stellt, die Ortsbilddominante bildet.
Auffallend ist der vergleichsweise hohe Bestand
an Fachwerkbauten aus der 2. Hälfte des
18.Jh., die jedoch durch spätere Baumaßnah-
men viel von ihrer ursprünglichen Erscheinung
einbüßten. So bewirken massiv ersetzte Erdge-
schoßzonen, neuzeitliche Fassadenbehänge,
Vor- und Anbauten sowie Eingriffe ins konstruk-
tive und gestalterische Fachwerkgefüge ein he-
terogenes Ortsbild. Trotz dieser z.T. erheblichen
Verluste setzen die als Baudenkmale ausgewie-
senen Objekte markante Merkzeichen im Orts-
und Straßenbild. Zu den Einzelobjekten
gehören: Georgstraße 2 (ehern. Schule), 7, Im
Hinterdorf 51, 68, Nesselröder Straße 3, 29,
30, 35, Obere Straße 8, Untere Straße 47, fer-
ner die Bildstöcke an der Lindenallee, Nathe-
straße und Schulstraße sowie die zu Gruppen
zusammengefaßten Gebäude Kirche St. Georg
mit Pfarrhaus und Nebengebäude, Georg-
straße 1,3, Im Hinterdorf 2 und 4, Nesselrö-
der Straße 7 und 9 sowie Obere Straße 2 und 4.
Straßen- und ortsbildprägende Bedeutung
kommt insbesondere den Bauten Georgstraße
1 (Pfarrhaus), 2 (Schule) und 3 sowie Obere
Straße 2 und 4 zu, die in Verbindung mit der
platzbeherrschenden Pfarrkirche einen unver-
wechselbaren markanten Ortsmittelpunkt bil-
den.
Herauszustellen ist das in der 2. Hälfte des
18.Jh. errichtete Pfarrhaus Georgstraße 1, ein

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